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Trends unterm Stern. Zehn Jahre lang präsentierte Mercedes-Benz zur Fashion Week Mode am Brandenburger Tor.
© picture-alliance / Daimler AG

Modestadt Berlin: Letzte Runde der Mercedes-Benz-Fashion-Week

Der Autobauer verabschiedet sich von der Fashion Week. Der Modestandort Berlin kann es verschmerzen.

Heute beginnt die letzte Ausgabe der Mercedes-Benz Fashion Week. Vielleicht haben die Autobauer selbst erkannt, dass eine Veranstaltung keine Zukunft hat, wenn sie selbst nach zehn Jahren von den meisten nicht verstanden wird.

Ganz am Ende muss man also noch mal ganz von vorne anfangen und erklären, was genau die Mercedes-Benz Fashion Week (MBFW) ist, nämlich der zentrale Veranstaltungsort für die Modenschauen, die ein Teil der Berliner Modewoche sind. Die umfasst noch viel mehr: rund zehn Modemessen, Diskussionsrunden, Präsentationen in Showrooms, Gruppenausstellungen deutscher Mode, Empfänge und Partys.

Die New Yorker Eventagentur IMG kümmert sich um die Umsetzung der Modenschauen, Mercedes Benz gibt das Geld, in den vergangenen Jahren mehrstellige Millionenbeträge. Davon wird am Brandenburger Tor, später auf dem Bebelplatz und jetzt im Kaufhaus Jandorf am Weinbergsweg ein Laufsteg aufgebaut, auf dem zweimal im Jahr für jeweils vier Tage Mode gezeigt wird. Designer und Modefirmen können einen Slot buchen, stehen dafür zusammen in einem Terminkalender und laden Einkäufer, Presse und möglichst viele Promis zu ihren Schauen ein.

Berlin - groß in Mode

Im Sommer 2007 – da gab es die Modemessen Bread & Butter und Premium schon vier Jahre – baute IMG zum ersten Mal ein großes, weißes Zelt am Brandenburger Tor auf, damals nicht auf der Straßenseite zum Tiergarten hin, sondern mitten durch das Tor. Alle sollten sehen: Mit Mode hatte Berlin Großes vor.

Eingefädelt hatte den Deal unter anderem Anita Tillmann, heute alleinige Chefin der Premium, heute die größte Messe der Stadt. Inzwischen gehören vier weitere Messen zur Premium Group wie die Skatermesse Bright, die Kindermesse Cookies und die auf hochwertige Damenmode spezialisierte Show & Order, alle in den vergangenen Jahren aufgekauft und zusammen mit der Messe Panorama das wirtschaftlich wichtigste Zugpferd der Berliner Modewoche.

Prominente Besucher waren gekauft

Die Schauen sollten das Schaufenster der Modewoche sein. Im Zelt saßen Promis wie Boris Becker, Heike Makatsch und Iris Berben, ab und zu auch Stars wie das Topmodel Naomi Campbell und die Schauspielerin Tilda Swinton. Leider wurden sie allesamt eingeflogen, für ihre Präsenz gut bezahlt – und waren deshalb wenig nachhaltig für Berlin.

Das lag wohl auch am Veranstalter IMG, der nie wirklich in der Stadt angekommen ist. Entscheidungen wurden meist von New York aus getroffen. Wie der deutsche Markt tickt und was in Berlin möglich ist, wurde lange vernachlässigt. Nie gab es ein Gesicht, jemanden, der Rede und Antwort stehen konnte, wenn es zum Beispiel wegen des umstrittenen Standorts am Bebelplatz kriselte. Vorgefertigte Antworten für die Presse kamen nach tagelangem Warten aus New York. Jetzt wurde die Presseabteilung gleich ganz abgeschafft, eine PR-Agentur in München hat den Job übernommen.

Alle Augen auf den Nachwuchs

Wie gut es ist, ein klares Profil und zuverlässige Ansprechpartner zu haben, sieht man am Berliner Mode Salon, vor zweieinhalb Jahren von Christiane Arp, Chefredakteurin der deutschen Vogue, und Marcus Kurz, Inhaber der Berliner Agentur Nowadays, gegründet. Das Ziel fest vor Augen, das Beste zu zeigen, was deutsche Mode zu bieten hat, haben die zwei der Mercedes-Benz Fashion Week fast den Rang abgelaufen. Im Kronprinzenpalais ist nur zu sehen, was die Kriterien des Berliner Mode Salons erfüllt.

Für das Event investierte der Konzern Jahr für Jahr mehrstellige Millionenbeiträge.
Für das Event investierte der Konzern Jahr für Jahr mehrstellige Millionenbeiträge.
© dpa

Um das Ganze zu untermauern, riefen Kurz und Arp unter anderem mit Anita Tillmann wenig später den Fashion Council Germany ins Leben, um deutschen Modenachwuchs zu unterstützen. Es ist fast ein Treppenwitz, dass Mercedes mit dem Vertragsende mit IMG gleich einen neuen mit dem Fashion Council einging. Man wolle sich jetzt auf die Förderung des Nachwuchses konzentrieren.

Trotzdem, ohne die zentrale Veranstaltung für Modenschauen hätte sich der Standort Berlin wohl nicht so gut entwickelt, vielen Designern hat sie den Start in die Selbstständigkeit sehr erleichtert. Schon seit ein paar Jahren wird die Fashion Week vor allem von Berliner Designern bestimmt – Michael Sontag, Ivanman und Vladimir Karaleev gehören dazu –, und viele davon haben auf der MBFW zum ersten Mal ihre Kollektion gezeigt, manchmal direkt nach dem Abschluss an einer Modeschule.

Der Senat investiert in die Mode

Der Berliner Senat stellte dafür jede Saison Geld zur Verfügung und bezahlte den hoffnungsfrohen, aber oft armen Berliner Designern ihre erste Modenschau. So entstand über die Jahre doch so etwas wie ein Profil. Auch einige weitere deutsche Marken polieren auf der Mercedes-Benz-Fashion Week ihr Image wie Marc Cain aus Bodelshausen, Dorothee Schumacher aus Mannheim und Riani aus Schorndorf. Für die Modenschauen werden die Kollektionen weiterentwickelt, die modische Aussage wird spitzer, und die Bilder der Schauen machen die Marken bekannter.

Das Ende der Mercedes-Benz Fashion Week scheint Kräfte freizusetzen. Auch der lang gehegte Plan der Modeschulen, eine gemeinsame Schau für die besten Absolventen zu veranstalten, wird in dieser Woche zum ersten Mal verwirklicht.

Ein bisschen wirkten die Aufbauten rund um den Laufsteg der Mercedes-Benz Fashion Week immer wie ein Raumschiff, das für ein paar Tag in Berlin gelandet war. Wenn IMG niemanden findet der in Zukunft den Unterhalt dafür bezahlt, wird der Planet Mode in Berlin trotzdem weiterexistieren und vielleicht endlich neue, interessante Lebensformen hervorbringen.

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