Frühzeitige Entlassungen der JVA Berlin-Tegel: "Lebenslang" muss nicht lebenslang sein
Zwei prominente Gefangene der JVA Tegel dürfen das Gefängnis früher verlassen als erwartet: Ein Polizistenmörder und ein Bus-Entführer.
Der Mörder des SEK-Polizisten Roland Krüger ist am Donnerstag vergangener Woche in den offenen Vollzug verlegt worden. Die JVA Tegel bestätigte entsprechende Informationen des Tagesspiegels. Die Tat jährt sich in wenigen Tagen zum 13. Mal. Am 23. April 2003 sollte das Spezialeinsatzkommando Yassin Ali-K. in einer Wohnung in Neukölln festnehmen. Der damals 33-Jährige, Mitglied einer polizeibekannten libanesischen Großfamilie, eröffnete sofort das Feuer. Roland Krüger erlitt trotz seines Schutzhelms tödliche Verletzungen, erstmals war ein SEK-Beamter im Einsatz getötet worden.
Ein Jahr nach der Tat wird Ali-K. wegen Mordes nach fünfmonatiger Verhandlung zu lebenslanger Haft verurteilt. Mit den Schüssen wollte er seine Festnahme verhindern, so der Richter damals. Das Gericht glaubte der Beteuerung des Angeklagten nicht, der einen Überfall einer verfeindeten anderen Familie erwartet habe und zur Verteidigung geschossen haben haben will.
Ein Jahr etwa saß A. in Moabit, die vergangenen zwölf Jahre in Tegel. Wegen guter Führung hatte A. seit längerem Lockerungen, wie Mitgefangene berichteten. So durfte der 46-Jährige zuletzt sogar ohne Begleitung von Justizangestellten Tegel auf Ausgang verlassen.
Drei Jahre verbringen bis zur Freilassung
Am Donnerstag wurde er in die JVA des offenen Vollzuges verlegt. Nach Justizangaben wird er hier noch etwa drei Jahre verbringen müssen bis zur Freilassung. „Offener Vollzug“ heißt: Die Männer können tagsüber alleine raus, müssen zu einem festgelegten Zeitpunkt nach der Arbeit abends wieder zurück sein – und dies nüchtern.
Diese „Freiheit“ vertragen nicht alle Gefangenen, es hat schon Lebenslängliche gegeben, die im offenen Vollzug scheiterten und wieder zurück nach Tegel kamen. Kritiker der Überstellung von Ali-K. in den offenen Vollzug gaben zu bedenken, was dies für die Familie des getöteten Polizisten bedeuten muss. Wie immer bei der Verlegung von Lebenslänglichen in den offenen Vollzug mussten der Leiter der JVA Tegel und die Justizverwaltung zustimmen.
Am Ende der Woche, voraussichtlich am Sonnabend, darf ein weiterer prominenter Gefangener Tegel verlassen. Dieter Wurm, der 2003 in Steglitz eine Bank überfallen und anschließend einen besetzten BVG-Bus entführt hatte, kommt nach exakt 13 Jahren Haft frei. Die Tat hatte er am 11. April 2003 begangen. Verurteilt wurde W. zu elf Jahren plus anschließender Sicherungsverwahrung, da er erheblich vorbestraft war. Da es noch eine alte Strafe von zwei Jahren gab, musste er 13 Jahre sitzen. Die Sicherungsverwahrung allerdings muss er nun doch nicht antreten. In der vergangenen Woche hörte das zuständige Gericht W. an und entschied überraschend auf Freilassung.
Eine der aufsehenerregendsten Geiselnahmen in Deutschland
Bislang war man in Tegel davon ausgegangen, dass Wurm die „Haft nach der Haft“ noch antreten muss. Nur der Ex-Bankräuber hat immer an seine Freilassung geglaubt. Dem Vernehmen nach hat W. die Sicherungsverwahrung mehr gefürchtet als alles andere. Mehrere Jahre hatte W. bei der Gefangenenzeitung „Lichtblick“ als Chefredakteur gearbeitet. Am 10. Juni wird er 60 Jahre alt.
Wurm hatte damals nach dem Bankraub einen Bus der BVG entführt und war mit mehreren Geiseln vier Stunden kreuz und quer durch die Stadt gefahren. Nach etwa 30 Kilometern konnten Spezialeinheiten der Polizei den Bus vor der Sporthalle am Sachsendamm stoppen. Nach einiger Zeit gelang es Polizisten, Wurm mit gezielten Schüssen in die Schulter zu überwältigen.
Die Tat gilt bis heute als eine der aufsehenerregendsten Geiselnahmen in Deutschland. Letztlich hatte Wurm damals noch Glück gehabt, denn es gab bereits die Freigabe, den Geiselnehmer durch einen gezielten Todesschuss außer Gefecht zu setzen.