Kreuzberg: Künstlerhaus verlässt das Bethanien
Immer wieder Ärger über die Besetzer, die seit 2005 im Südflügel des Bethanien am Mariannenplatz verweilen, immer wieder Frust über die Politik, die die Konflikte nicht lösen kann. Nun reicht es dem Chef des Künstlerhauses. Der Umzug scheint beschlossen, ein neuer Ort gefunden.
Dem Chef reicht es seit langem. Doch jetzt hat Christoph Tannert, Leiter des Künstlerhauses Bethanien, ganz offenbar die Konsequenzen aus jahrelangem Ärger gezogen: Die international bekannte Einrichtung soll umziehen, weg vom Kreuzberger Mariannenplatz, vor allem weg von allem Ärger mit geduldeten Besetzern, Verfechtern einer Soziokultur und von Politikern, die versuchen, alle gegensätzlichen Interessen an runden Tischen zusammenzubringen und Konflikte wegzumoderieren.
Tannert sagt zu all dem nichts. Dass sein Haus umziehen soll, will und kann, bestätigen allerdings grüne und CDU-Politiker. Im Gespräch ist ein Objekt der Berggruen Holdings in Kreuzberg, wie eine Mitarbeiterin des Immobilienunternehmers bestätigt: An der Kohlfurter Straße in der Nähe des Fraenkelufers könnte das neue Domizil des Künstlerhauses liegen.
Unterschrieben ist noch nichts. Doch Kulturpolitiker im Abgeordnetenhaus gehen davon aus, dass das Künstlerhaus Bethanien nicht mehr lange in dem Backsteingebäude am Mariannenplatz bleiben wird. Tannert will sich erst äußern, wenn das Land Berlin als Förderer des Künstlerhauses einem Umzug zugestimmt hat. Das ist noch offen, wie Torsten Wöhlert, Sprecher der Kulturverwaltung, am gestrigen Mittwoch sagte.
Der Kreuzberger Bürgermeister Franz Schulz bezeichnet das, was von den Umzugsplänen zu ihm dringt, als „nicht nachvollziehbar“. Schulz, der den Grünen angehört, hat den Streit mit Tannert über den Umgang mit den Besetzern des Bethanien-Südflügels, von seiner Vorgängerin Cornelia Reinauer (Linkspartei) politisch geerbt. Wirklich lösen konnte er ihn offenbar nicht. 2005 hatten junge Leute aus der Yorckstraße eine Reihe von Räumen im Südflügel von Bethanien mit Beschlag belegt. Reinauer und ihr Bezirksamt duldeten die Besetzer; Tannert rebellierte gegen die politische Passivität, schimpfte öffentlich auf die Besetzer, die das Gebäude verschmutzten, auf Kosten der Steuerzahler dort lebten, Besucher und Sponsoren des Künstlerhauses verschreckten und dessen Ansehen in der Kulturszene beschädigten.
Schulz, der Reinauer 2006 im Amt folgte, versuchte sich an einem Kompromiss. Wohl weil er meinte, dies den Grünen-Wählern in Kreuzberg schuldig zu sein, ließen er und sein Bezirksamt sich auf endlose Gesprächsrunden mit den Besetzern ein. Am – vorläufigen – Ende stand ein Kompromiss, der den Besetzern legales Unterkommen im Südflügel ermöglichen und das Künstlerhaus halten sollte.
Drei Jahre nach der Besetzung erklären sogar Parteifreunde von Schulz den Kompromiss für gescheitert. Tannerts Ungeduld verstehen sie, Schulz’ Glauben an die Überwindung der Gegensätze in den alten Mauern verstehen sie nicht. Und es sei „Stuss“ zu glauben, Bethanien könne ohne das Künstlerhaus ein Kulturstandort mit legalem Besetzeranteil bleiben. Noch härter urteilen selbstredend CDU-Kulturpolitiker: Michael Braun, kulturpolitischer Sprecher der Abgeordnetenausfraktion, schimpft: „Die vereinigte Linke hat das versaubeutelt – die haben Tannert vertrieben.“ Jetzt stehe der Bezirk „vor dem Scherbenhaufen seiner Politik“.
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