Zentrum für Politische Schönheit: Künstler bestatten aus Syrien Geflüchtete in Berlin-Gatow
"Das ist kein Theater, das ist Realität", sagen die Verantwortlichen des Zentrums für Politische Schönheit. Am Dienstagmorgen bestatteten sie eine syrische Mutter, die auf dem Weg nach Europa ertrunken war.
Auf dem muslimischen Friedhof in Gatow haben Aktivisten des Zentrums für Politische Schönheit am Morgen eine im März im Mittelmeer ertrunkene Syrerin bestattet. Für ihr vermisstes Kind führten sie symbolisch einen zweiten Sarg mit. Mit der Aktion, die nach Angaben der Aktivisten mit den Angehörigen der Frau abgestimmt ist, wollen sie gegen die Abschottung Europas an seinen Außengrenzen protestieren. "Die Frau wurde ermordet", sagte ein Sprecher. Sie sei "Opfer des europäischen Abwehrkrieges". Am Sonntag will das Zentrum für Politische Schönheit vors Kanzleramt ziehen.
Etwa hundert Menschen haben sich am Morgen am Grab versammelt. Mehr als die Hälfte sind Medienvertreter, ein guter Teil Aktivisten. Aber auch eine kleine Trauergemeinde, schwarz gekleidet, hat sich auf dem Friedhof in Gatow eingefunden. Ein Dutzend Menschen sprechen das islamische Totengebet mit. Um kurz vor halb elf wird der erste Sarg in die Erde gelassen. "Worte helfen nicht, sondern Taten", sagt Imam Abdallah Hajjir. Er gehört dem Haus der Weisheit in Moabit in Kooperation mit dem Haus of One an. Hajjir dankt ausdrücklich den Aktivisten des Zentrums für Politische Schönheit für ihren Einsatz für die Toten. "Ein Begräbnis in Würde ist das Mindeste, was wir diesen Menschen anbieten können." Die Aktivisten selbst halten sich nun zurück. Am Rande beobachten drei Polizisten unauffällig das Geschehen. Ruhe liegt über dem Friedhof.
"Das ist kein Theater, das ist Realität"
Vor dem Begräbnis hatte der selbsternannte "Eskalationsbeauftragte" des Zentrums für Politische Schönheit, Stefan Pelzer, ein kurzes Statement abgegeben. "Wir sind hier, um Abschied zu nehmen von einem Opfer des europäischen Abwehrkrieges", sagte Pelzer. Es geht um eine sechsköpfige Familie aus Damaskus, vier Kinder, die aus Syrien mit dem Boot nach Lampedusa wollten. Der Motor sei ausgefallen auf halber Strecke, ein Handelsschiff habe das Boot zum Kentern gebracht. "Die Mutter ist ertrunken mit ihrem zweijährigen Kind."
"Unbekannte Tote Nummer 2" habe auf dem Sarg gestanden, als man sie gefunden habe. "Die Frau wurde ermordet", sagt Pelzer, "sie wurde auf dieses Boot gezwungen. Nicht von den Schleusern sondern von den Schreibtischtätern der Europäischen Union." Und fügt noch hinzu: "Das ist kein Theater, das ist Realität." Der Vater ist nicht gekommen, er habe kommen wollen mit den anderen drei Kindern, "aber die Ausländerbehörde hat es abgelehnt". Die Familie sei in Deutschland, wo genau wollte Pelzer nicht sagen. Aber: "Was hier passiert, passiert auf Wunsch der Angehörigen."
Bestattung vor leerer Ehrentribüne
Die Frau aus Syrien sollte hier "am Ziel ihrer Reise" begraben werden, Rosenblätter zierten die 20 Meter in Richtung Grab. Ein Podest mit etwa 40 Stühlen wurde aufgebaut, versehen mit den Namen, die man für verantwortlich hält: Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Thomas de Maizière nebst Ehepartnern, Staatssekretäre und Ministerialräte. Die mit einer roten Kordel abgetrennte Ehrentribüne blieb leer, große Symbolik. Umrahmt von rund zwei Dutzend Fahnen der EU.
"Zentrum für Politische Schönheit" - da war doch was? Richtig, die Künstler haben im vergangenen Herbst bereits die Mauerkreuze am Reichtstagsufer entwendet, um gegen die europäische Flüchtlingspolitik zu protestieren. Tiemo Rink hat die Aktion und die Debatte, die sich darum entfacht hatte, rekonstruiert: "Wie die Mauerkreuze verschwanden". Das Bild von der Mauer verwenden die Aktivisten auch jetzt wieder bei ihrer Aktion "Die Toten kommen". Ihr Sprecher Justus Lenz sagte erst heute Morgen in der ARD: "Die Opfer werden nicht gesehen, die Opfer versinken buchstäblich im Meer." Zweck der Aktion sei "der sofortige europäische Mauerfall".
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