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Die Galerie der Künstlerin Rotraud von der Heide auf dem Teufelsberg diente den Militärspionen früher als Schredderanlage.
© Thilo Rückeis
Update

Grunewald: Künstler bangen um Zukunft des Teufelsbergs

Wie es mit der Ex-Abhörstation auf dem Teufelsberg weitergeht, ist unklar – das ärgert vor allem die Kulturschaffenden, die die Ruinen beleben.

Jeden Tag spazieren Berliner und Touristen auf den Teufelsberg im Grunewald, um die Ruinen der einstigen Abhörstation der Amerikaner und Briten zu besichtigen. Manchmal aber warten Interessierte vergeblich am Eingang des umzäunten Areals. Noch hat sich nicht genügend herumgesprochen, dass Pächter Marvin Schütte die Öffnungszeiten verkürzt hat – nachdem das alte Hauptgebäude von der Bauaufsicht Charlottenburg-Wilmersdorf sicherheitshalber gesperrt worden war. Das übrige Gelände kann man sich noch ansehen, nicht aber montags und dienstags. Und an den anderen Tagen wird das Tor erst um 12 Uhr aufgemacht.

Doch auch außerhalb der Öffnungszeiten ist es nicht menschenleer auf dem rund 120 Meter hohen Berg, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus Häusertrümmern aufgeschüttet worden war. Dutzende Künstler sind dort aktiv. Am bekanntesten dürfte die Street Art sein. Auf andere Weise setzt sich die Künstlerin Rotraud von der Heide mit dem Berg auseinander.

Ein "Denkort der deutschen Geschichte"

Sie hat die sechste Etage des derzeit gesperrten Turms zum „Musensitz“ erklärt und unter anderem ein goldfarbenes „Sonnentor“ aufgestellt. Wohl kein anderer Künstler ist schon so lange auf dem Teufelsberg aktiv wie Rotraud von der Heide. Seit den 1990er Jahren veranstaltet sie Ausstellungen und künstlerische Aktionen. 2011 machte sie aus einem Nebengebäude, in dem noch eine riesige Aktenschredderanlage der Militärspione steht, den „Projektraum Museum Teufelsberg“.

Das Ziel der 76-Jährigen ist „politische Bildung mit Kunst“ – sie möchte einen „Denkort der deutschen Geschichte“ und eine internationale Kulturstätte etablieren. Schließlich erinnere der Berg nicht nur an den Kalten Krieg, sondern auch an die Nazizeit: Unter der heutigen Erhebung stand der Rohbau einer unvollendeten „Wehrtechnischen Fakultät“.

Aktuell präsentiert Rotraud von der Heide die Ausstellung „The Downloaded Man“ der Künstlerin Bettina Semmer. Diese hat aus einem Dating-Onlineportal einige Kurznachrichten ausgewählt, die Männer ihr geschrieben hatten. Dazu gehörten auch Selfies der Kontaktsuchenden. Semmer hat daraus Gemälde gemacht, aber die Gesichter vertauscht, also Text und Bild neu kombiniert. Zu sehen ist auch ein Gemälde, das die Geschichte des Teufelsbergs aufgreift.

Den Status quo in der Ex-Abhörstation findet Rotraud von der Heide ärgerlich. Für ihre Projekte hofft sie darauf, „endlich einen Vertrag zu bekommen“. Grundstückspächter Schütte hat ihr die Räume gratis überlassen, eine schriftliche Vereinbarung gibt es jedoch nicht. „Ich bräuchte einen Vertrag, um Kulturfördermittel beantragen zu können“, sagt sie und betont die Bedeutung aller auf dem Berg tätigen Kulturschaffenden. Viele Besucher kämen vorbei, um die Kunst zu sehen, und zahlten dafür Eintritt. Noch dazu sei „der Vandalismus nur durch die Künstler eingedämmt worden“.

Politiker fordern seit Jahren Denkmalschutz

Weitgehend vorbei scheinen die Zeiten, in denen oft Löcher in den Zaun geschnitten worden waren und sich viele Unbefugte auf dem Areal herumgetrieben hatten. Vor ein paar Jahren habe es sogar gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen „Säufern, Punks und den damaligen Betreibern“ gegeben, erinnert sich Rotraud von der Heide.

Seit einiger Zeit setzt sie sich dafür ein, dass die verrottete Abhörstation zum Baudenkmal erklärt wird und hat darüber im vorigen Herbst mit Landeskonservator Jörg Haspel gesprochen. Auch die Bezirksverordnetenversammlung hatte den Denkmalschutz schon 2012 gefordert. Derzeit strebt die SPD-Fraktion als Bekräftigung einen zweiten Beschluss an.

Noch immer tut sich wenig

Fortschritte sind trotzdem nicht erkennbar. Aus der Senatskulturverwaltung, zu der das Landesdenkmalamt gehört, heißt es: „Die Denkmaleigenschaft für die einstige Abhörstation auf dem Teufelsberg ist bekannt und anerkannt.“ Nur sei „die Abstimmung aller beteiligten Ebenen noch nicht abgeschlossen“.

Auch ein Rückkauf der Bergspitze durch das Land ist nicht absehbar, obwohl sich das Abgeordnetenhaus längst dafür ausgesprochen hat. Das Problem ist der Preis. Unter anderem müsste Berlin eine auf dem Areal lastende Hypothek in Höhe von etwa 15 Millionen Euro übernehmen.

„Aktionsbündnis Teufelsberg“ will freien Eintritt

Sorgen macht sich Rotraud von der Heide wegen eines Gerüchts, wonach Naturschützer eine komplette Sperrung des Areals anstreben, damit die Eigentümer ihre Einnahmen verlieren und so zum Verkauf gedrängt werden könnten. Am Mittwoch stellte Hartmut Kenneweg vom Aktionsbündnis Teufelsberg die Sache gegenüber dem Tagesspiegel anders dar: „Eher das Gegenteil ist richtig.“ Man fordere „eine Öffnung des Areals für alle, nicht nur für Eintrittzahlende“ – zumal Berlin das Gelände im vorigen Januar zum Landschaftsschutzgebiet erklärt habe, in dem ein „Gewerbebetrieb überhaupt nicht zulässig“ sei.

Für den 27. Juli ab 19 Uhr lädt von der Heide zur Mondfinsternisparty ein. Gleichzeitig eröffnet die Initiative Kultur-Denk-Mal Berliner Teufelsberg eine Ausstellung von Künstlern der Gruppe Urban Sketcher, die Zeichnungen des Teufelsbergs in der alten Kantine zeigen.

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