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Belebung. Im einstigen Krematorium sollen Künstler arbeiten.
© Doris Spiekermann-Klaas

Stadtentwicklung: Kunst im Krematorium

Das Weddinger Baudenkmal wird zum Kulturquartier: Die Käufer planen Galerien und Ateliers.

Was hatten sich die Entwickler nicht alles ausgedacht für das 100 Jahre alte Gebäude des ehemaligen Krematoriums Wedding: Ein Supermarkt für Särge war im Gespräch, ein „Selbstbesinnungszentrum“ für Esoteriker und – ja auch das: Büros für eine PR-Agentur. Das Rennen haben nun aber die beiden Berliner Filmemacher und Immobilienkaufleute Frank Duske und Jörg Heitmann gemacht mit einem eher bodenständigem Konzept: ein „Kultur-Campus“ soll entstehen, wo einst Abschied genommen wurde. Soeben wurde der Verkauf des Baudenkmals an der Gerichtstraße 37–38 beurkundet. Dies hat der Liegenschaftsfonds am Montag mitgeteilt.

Denkbar sei die Ansiedlung von Galerien, Künstlerateliers und Stiftungen, sagte Duske auf Nachfrage. Noch stünden die künftigen Mieter aber nicht fest, und vor 2013 sei mit der Umsetzung nicht zu rechnen. „Überall stehen noch Öfen, Regale, Blechschrott und Möbel herum, und wir haben noch nicht mal einen eigenen Schlüssel.“ Außerdem wolle man die trüben Milchglasfenster, die im Krematorium „keine gute Stimmung aufkommen lassen sollten“, zurückbauen. Möglicherweise werde es zunächst eine etwa einjährige Zwischennutzung geben, zum Beispiel mit Filmdreharbeiten oder Fotoshootings.

Der südliche Teil von Wedding sei jedenfalls „unter Kunstschaffenden in puncto Wohnen und Arbeiten längst kein Geheimtipp mehr“, sagt Duske. Er vergleicht das Projekt mit bestehenden Weddinger Kulturstandorten wie dem Ex-Rotaprint-Gelände, dem Stattbad und den Uferhallen. Sein Geschäftspartner Heitmann, der bereits bei der Nachnutzung des Kreuzberger Fichtebunkers und des Taut-Hauses am Engelbecken zu den Projektentwicklern gehörte und nun Geschäftsführer der „Kulturpark Wedding GmbH in Gründung“ ist, sieht in dem Krematorium eine „einmalige Immobilie“. Die „ruhige Insellage inmitten eines Wohngebiets“ biete zusammen mit den guten Verkehrsverbindungen „viele Möglichkeiten für Künstler und Galeristen“.

Die 8500-Quadratmeter-Einäscherungsanlage war einst vom Architekten William Müller entworfen und von Hermann Jansen ergänzt worden; 1912 eröffnete sie als erstes Krematorium in Preußen. Vor zehn Jahren wurde die unrentable Einrichtung aber geschlossen, um die beiden anderen Krematorien am Baumschulenweg und in Ruhleben besser auszulasten. Zwar hatte noch ein Konsortium aus den Benelux-Ländern Interesse an der Einäscherungsanlage bekundet, um dem „Leichentourismus“ ins Umland Paroli zu bieten, weil dort die Gebühren niedriger sind. Doch daraus wurde nichts. Das Bezirksamt Mitte setzte die Urnen im Herbst 2011 in eine neue Anlage um. In der Umgebung gibt es weitere historische Gebäude wie das denkmalgeschützte Postamt „N 65“ und das Gartendenkmal „Friedpark Urnenfriedhof Gerichtstraße“.

Dem Liegenschaftsfonds war es laut Geschäftsführer Holger Lippmann wichtig, „das Ensemble zu schützen und die bauliche Struktur sowie das äußere Erscheinungsbild zu wahren“. Lippmann zeigte sich optimistisch, dass der geplante Kultur-Campus sich als „tragfähiges Konzept“ erweist.

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