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Monika Herrmann (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg.
© Christoph Soeder/dpa

Vorwurf der Aktenmanipulation: Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin verteidigt Florian Schmidt

In einer Sondersitzung debattierten die Bezirksverordneten den Vorwurf der Aktenmanipulation. Schmidt selbst äußerte sich nicht.

Seit Wochen steht Friedrichhain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) unter Druck, weil die SPD im Bezirk ihm Aktenmanipulation vorwirft. Derzeit prüft der Rechnungshof, ob Schmidt der Bezirksverordnetenversammlung bei einem umstrittenen Hausankauf in der Rigaer Straße 101 tatsächlich Akten vorenthalten hat. Auch die Bezirksaufsicht der Senatsinnenverwaltung ermittelt.

Am vergangenen Montag debattierten die Bezirksverordneten den Vorwurf der Aktenmanipulation bei einer Sondersitzung.

Die Große Anfrage „Verantwortliches Verhalten des Bezirksamtes“ der SPD stand bereits Ende Januar auf der Tagesordnung, zu diesem Termin wurde die BVV jedoch aufgrund „polizeilicher Hinweise“ zunächst als „nicht-öffentlich“ angekündigt und dann vertagt (wir berichteten).

Kein Beleg für eine Aktenmanipulation

Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann verteidigte ihren Parteikollegen Florian Schmidt erneut gegen die Vorwürfe von SPD, FPD und CDU: „Ihre Interpretation, die Akten seien politisch manipuliert worden, hat es nicht gegeben. Es hat ein Teil gefehlt, weil die Interessen des Landes Berlin und schützenswerte Interessen Dritter berührt wurden“, sagte Herrmann.

Sobald der Landesrechnungshof die angebliche Aktenmanipulation geprüft habe, könne auf einer rechtlichen Grundlage weiter diskutiert werden. Schmidt selbst äußerte sich nicht zur Großen Anfrage.

Begründung wurde zunächst versäumt

Zur Erinnerung: Die SPD hatte am 10. Januar die Akten zu einem gescheiterten Vorkauf eines Hauses in der Rigaer Straße durch die „Diese eG“ eingesehen, stellte Lücken fest und machte dies öffentlich. Schmidt begründete die Herausnahmen von Unterlagen mit den schutzwürdigen Interessen Dritter.

Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne).
Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne).
© imago/photothek

In einer gemeinsamen Fraktionssitzung von Grünen, Linken und SPD am 13. Januar begründete er das Fehlen der Unterlagen jedoch damit, dass diese sonst von CDU und FDP zur „Instrumentalisierung“ und zur „Agitation durch einen Redakteur des Tagesspiegel“ genutzt würden.

„Es kann nicht sein, dass Infos fehlen. Es gibt klare Regeln, an die man sich halten muss“, kritisierte SPD-Fraktionsvorsitzender Sebastian Forck in der Sondersitzung. Zwar begrüße die SPD das Vorkaufsrecht als „eines der wichtigsten Instrumente, um dem angespannten Mietenmarkt etwas entgegenzusetzen“. Doch Schmidt hätte den SPD-Bezirksverordneten vorab mitteilen müssen, dass Aktenteile fehlen und warum.

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Auch „die Belange Dritter müssen begründet werden“, mahnte John Dahl (SPD). Dies sei erst in einer E-Mail vom 24.1. geschehen, in der die Bezirksverordneten der SPD über das bereits angelaufene Prüf-Verfahren informiert wurden.

Warum haben die Akten gefehlt?

Eine Akte zum Grundstück Rigaer Straße zur „materiellen Nachbeurkundung“ konnte zum 10. Januar noch nicht komplett ausgedruckt und daraufhin geprüft werden, ob schutzwürdige Belange Dritter tangiert wurden, erklärte Herrmann weiter. Zusätzlich seien zwei übergeordnete Akten nicht bereitgestellt worden, „da sich die Diese eG in einem laufenden Finanzierungsprozess befindet, die in einer Akteneinsicht in dieser Akte dringende öffentliche Interessen entgingen“. Diese Akten könnten eingesehen werden, sobald der Finanzierungsprozess der Diese eG abgeschlossen ist. Am Mittwoch wird es dazu ein Treffen zwischen Vertretern der „Diese eG“ und der Investitionsbank Berlin (IBB) geben.

Beim Vorkaufsrecht ginge es um die Menschen in den Häusern, erinnerte Grünen-Fraktionssprecher Julian Schwarze. Dieser Kampf würde auf dem Rücken dieser Mieter ausgetragen. Initiativen und Organisationen, die sich schon Ende Januar mit Florian Schmidt solidarisierten waren auch bei der Sonder-BVV anwesend („Florian Schmidt steht wie wir für aktiven Mieter*innenschutz“).

Die Aussagen der Bürgermeisterin seien nichts Neues, sagte Marlene Heihsel (FDP). Der Vorfall zeige einmal mehr, dass die Grundachtung gegenüber der BVV fehle. Die Aussagen des Stadtrates der „Instrumentalisierung“ und „Agitation“ kritisierte sie scharf mit den wiederholten Worten „der Zweck heiligt nicht die Mittel“.

Timur Husein (CDU) schloss sich dieser Kritik an und wies die Grünen auf die fehlende Verteidigung der Linken hin: „Die Linken sagen nichts“. Linken-Fraktionsvorsitzende Katja Jösting (Linke) entgegnete: „Wir haben die Akten nie gesehen und können das nicht beurteilen“.

Am Ende der Sondersitzung stimmte die BVV (vor allem Grüne und Linke) mehrheitlich für die Ablehnung des CDU-Antrags „Kein Vorkaufsrecht zugunsten der Diese eG“.

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