Berlin: Kreuzberg liest sich chic – und hört sich gut an
Vor zwei Jahren veröffentlichte der Alt-Kreuzberger Verleger Klaus Bittermann Band 1 seiner spöttischen Miniaturen aus dem sich wandelnden Kiez. Nun also „Alles schick in Kreuzberg“, Band 2.
Vor zwei Jahren veröffentlichte der Alt-Kreuzberger Verleger Klaus Bittermann Band 1 seiner spöttischen Miniaturen aus dem sich wandelnden Kiez. Nun also „Alles schick in Kreuzberg“, Band 2.
„Seitdem mich jemand als einen ,Walter Benjamin’schen Flaneur’ bezeichnet hat, bin ich etwas gehemmt“, bemerkt Bittermann gleich zu Beginn. „Profan“ seien doch seine „Kontrollgänge durch das Viertel“, bemerkt er – aber weil er es gut kennt, kann er das Besondere aus dem Gewöhnlichen herauspicken. Und so legt er vergnügt und entspannt wieder los.
Er bewundert die „Hackenporsches“ von Rentnern ebenso wie abnorme Bierflaschenhalter an der Admiralbrücke; er protokolliert rüde Alkoholikerdialoge, die sich um Messer, Blut, Pistole, Blut und Ähnliches drehen; er macht seine Beobachtungen auf der „Elendsmeile Kottbusser Damm“, registriert das Treiben in der Notaufnahme im Urban-Krankenhaus – kurz: Bittermann ist der Mann für den Alltag. Meist milde und versöhnlich, aber er kann auch bissig, zornig sein.
83 Miniaturen sind hier versammelt, bunte, schrille Streifzüge durchs Berliner Kulturleben, „lustige und hinterhältige Texte“, wie der Autor sie selbst bezeichnet. Das meiste stammt aus der „taz“, in der Bittermann seine „Berliner Szenen“ regelmäßig veröffentlicht. Und in einem „Personen-, Sach-, Orts- und Getränkeregister“ kann man sich seins nach Belieben raussuchen. So findet man schnell Nachbar Müntefering, der zum frühmorgendlichen Joggen aufbricht – „sein Heroismus rührt mich“, bemerkt der Autor. Wer aber partout nicht lesen mag – der kann sich Ausschnitte auch per Hörbuch reintun. Harry Rowohlt und Bittermann lesen aus beiden Bänden – der Mitschnitt einer Lesung im Festsaal Kreuzberg, Gelächter inklusive. Stefan Berkholz
— Klaus Bittermann:
Alles schick in
Kreuzberg. 240 S.,
14 Euro; H. Rowohlt und Bittermann lesen aus
„Alles schick in Kreuzberg“ und „Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol“, Doppel-CD, 16 Euro. Edition Tiamat.
Stefan Berkholz
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