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"Rassistischer Bürgermob" gegen linke Szene. Streiten gehört in Kreuzberg dazu, die Polizei hingegen nicht.
© Björn Kietzmann

Streit bei Bürgerversammlung: Kreuzberg ist gespalten

In Kreuzberg sprengen linke Aktivisten immer wieder Versammlungen. Bürgermeisterin Herrmann hält dennoch nichts von Polizeieinsätzen. Wird ihr Bezirk unregierbar?

Zu den Eigenarten der Bezirksbürgemeisterin Monika Herrmann gehört es, verbale Attacken, Gebrüll und grobe Verstöße gegen die Hausordnung auszusitzen und nachher lächelnd den Journalisten zu erklären, es sei ja alles nicht so schlimm gewesen. Nach der dritten im Chaos endenden Versammlung zum Görlitzer Park erklärt die Chefin von Friedrichshain-Kreuzberg lapidar: „Wir werden andere Gesprächsformate anbieten.“ Welche, das wisse sie noch nicht.

So wurde schon der Konflikt um die von Flüchtlingen besetzte Hauptmann-Schule in die Länge gezogen. „In Kreuzberg lösen wir das anders“, erklärte Herrmann, wenn jemand eine Räumung durch die Polizei ins Spiel brachte. Bis heute gibt es keine Lösung. Ist Kreuzberg unregierbar? Oder anders: Darf man in Kreuzberg die Demokratie einfach niederbrüllen?

Streit-Tradition in Kreuzberg

Herrmann rechtfertigt sich: „Ich habe den Jungs, die gestört haben, klar gesagt: Ihr habt bei uns nichts zu suchen. Das ist nicht Kreuzberg.“ Dennoch wäre es unverhältnismäßig gewesen, die Polizei zu rufen. Es gebe im Bezirk eine Tradition, sich hart und manchmal auch laut auseinanderzusetzen, aber am Ende gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Bei vielen anderen Veranstaltungen funktioniere das auch immer noch.

Der Chef der SPD-BVV-Fraktion, Andy Hehmke, ist „ziemlich erschüttert“ über die gescheiterte Einwohnerversammlung. „Das ist ja kein singuläres Ereignis.“ Im September musste eine Bezirksverordnetenversammlung abgebrochen werden, nachdem ein Besucher von der Galerie herab Beleidigungen in den Saal gerufen und sich anschließend geweigert hatte zu gehen. Der Ältestenrat, ein Gremium aus allen Fraktionen, konnte sich nicht einigen, die Polizei einzuschalten, um den Störer rauswerfen zu lassen. Stattdessen wurde die Sitzung abgebrochen.

"Rassistischer Bürgermob"

Seitdem habe sich nichts geändert, sagt Hehmke. Polizeieinsätze müssten vom Ältestenrat beschlossen werden. Er wolle das Thema erneut in der BVV ansprechen. „Es muss von vornherein klar sein, welche Konsequenzen solche Störungen haben.“ Auf der Versammlung zum Görlitzer Park fragte die Moderatorin, ob eine Mehrheit für den Rauswurf der Störer durch die Polizei sei. Kaum jemand meldete sich.

Hehmke hält die Frage für falsch. „Das kann man nicht machen.“ Wer sich meldet, outet sich in den Augen der Flüchtlings-Aktivisten als Befürworter von Polizeieinsätzen im Görlitzer Park. Der Streit um die Drogendealer, von denen die meisten Flüchtlinge sind, wird inzwischen so erbittert geführt, dass es zu Drohungen kommt. Anwohner, die sich gegen den Drogenhandel positionieren, werden als „rassistischer Bürgermob“ diffamiert. Vor zwei Jahren wurden Autos in der Görlitzer Straße angezündet. Die Atmosphäre ist vergiftet, beklagen Parknutzer.

"Parkworker" sollen helfen

Martin Heuß traut sich noch, mit offenem Visier für die Belange der „bürgerlichen“ Parknutzer einzutreten. Nach seiner Einschätzung war das Stören der Versammlung eine „abgesprochene Aktion“ der linken Szene, die im Vorfeld gegen die angebliche „Fake-Veranstaltung“ mobilisiert hatte. Obwohl nur „zwei Dutzend“ Aktivisten gekommen waren – bei rund 200 Teilnehmern insgesamt – konnten sie die Veranstaltung dominieren. „Die anderen waren wie gelähmt.“ Heuß wünscht sich ein Konfliktmanagement zwischen Dealern und anderen Parknutzern durch Sozialarbeiter, sogenannte „Parkworker“. Er will keine Polizeirazzien, sondern Aktionen der Zivilgesellschaft, etwa die Aufklärung von Touristen, die als Drogenkonsumenten den Park nutzen.

Und was ist mit einem Konfliktmanagement zwischen den Interessengruppen am Park? Profi-Mediator Christian Lippmann, selber aus Kreuzberg, würde den Auftrag ablehnen. „Da ist eine Gemengelage an Themen und Milieus involviert, das lässt sich gar nicht befrieden.“ Allein die Frage, wer sind die Anwohner, sei nicht klar zu beantworten. Die Verantwortlichen in Senat und Bezirk müssten sich erstmal einig werden, wie sie mit den Dealern im Park umgehen wollen.

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