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Dicke Dämmplatten sollen Heizkosten senken. Doch oft lohnt sich das teure Sanieren kaum.
© dpa / Armin Weigel

Energetische Sanierung: Kosten werden auf die Mieter abgewälzt

In einem Altbau in Prenzlauer Berg soll die Miete um das Dreifache steigen - ein Einzelfall? Sanierungen werden immer häufiger zur Kostenfalle. Mieter und Hauseigentümer sind sich einig: Die Regeln zur Energieeinsparung müssen sich ändern.

Fassade sanieren, kräftig kassieren - die Energieeinsparverordnung macht´s möglich. Elf Prozent der Kosten können jährlich auf die Miete umgelegt werden, und das ohne Enddatum. In einem Mietshaus in Prenzlauer Berg soll die Kaltmiete auf diese Weise verdreifacht werden. „Es ist eine Lizenz zum Gelddrucken“, sagt Pankows Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Pankow will diese Praxis deshalb jetzt einschränken.

„Die energetische Sanierung ist zu einem Feld der Immobilienspekulation geworden“, sagt auch Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. „Unsere Beratungstätigkeit wegen solcher und anderer Modernisierungen hat sich von 2010 bis 2012 verdoppelt.“ Der Mieterverein arbeitet an einem Vorschlag, wie die Auswüchse zu stoppen sind. Die Anreize seien falsch gesetzt, meint Wild.

Ähnlich sehen das die Hauseigentümer. „Die Vorschriften sind zu kompliziert“, sagt Haus & Grund-Sprecher Dieter Blümmel. Fassadendämmung und neue Fenster seien betriebswirtschaftlich häufig unvernünftig. Deutscher Mieterbund und Haus & Grund haben den Bund bereits aufgefordert, die Gebäudesanierung „sozialverträglicher“ zu gestalten.

"Wir haben die Beweislast umgekehrt"

Kern der Förderung sind zinsverbilligte Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz KfW. Hinzu kommen Zuschüsse zu den Tilgungsraten der Darlehen. Je größer die Energieeinsparung nach Sanierung, desto höher fallen die Zuschüsse aus. Allerdings dürfen die Zuschüsse selbst nicht auf die Miete umgelegt werden. Trotz der üppigen Förderung bleibe die Sanierungstätigkeit in Berlin weit hinter den Vorgaben zurück, sagt Blümmel. Das Beispiel aus Prenzlauer Berg sei nicht die Spitze des Eisbergs.

In den Milieuschutzgebieten von Pankow ist das energetische Sanieren bereits erschwert. „Wir haben die Beweislast umgekehrt“, sagt Baustadtrat Kirchner. Bei Maßnahmen zur Energieeffizienz müsse deren Notwendigkeit nachgewiesen werden. Damit habe man einigen Unsinn verhindern können. Unsinn ist zum Beispiel: eine 16 Zentimeter dicke Polystyrolschicht auf eine Fassade bringen mit der Folge, dass die Wände anfangen zu schwitzen und sich Schimmel bildet, auch weil die neuen Fenster so dicht schließen, dass kein Lüftchen mehr durchkommt. Das wiederum wird dann mit einer elektrisch betriebenen Belüftungsanlage behoben.

Letztlich zahlt der Mieter

Und das Schöne: Der Mieter muss es bezahlen. 135 Euro mehr pro Monat sollte ein Mieter in der Sredzkistraße laut Kirchner nach erfolgter energetischer Sanierung bezahlen. „Das ist ein Zielkonflikt: Klimaschutz einerseits, bezahlbare Mieten andererseits“, so Kirchner. Außerdem lasse sich meist schon viel damit erreichen, den Keller und das Dach abzudichten, eine ordentliche Heizung und dichte Fenster einzubauen, so Kirchner. Die teure Fassadensanierung sei speziell bei den Altbauten, aus denen sein Bezirk besteht, in den meisten Fällen unnötig. „Es ist eine Entwicklung im Gange, die so nicht gewollt war“, sagt Kirchner.

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