Wahl des Polizeipräsidenten: Körting will nicht mehr entscheiden
Wer wählt den neuen Polizeichef aus? Eine Kommission, in der Innensenator Ehrhart Körting aber nicht sitzen möchte.
Sein monatelanges Ringen um einen neuen Polizeipräsidenten hatte keinen Erfolg. „Die Auswahlentscheidung ist hinfällig“, bilanzierte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) knapp. Nun muss man fast bei Null anfangen. Letztlich bekommt der von Körting ungeliebte Bewerber Klaus Keese, was er wollte: nämlich ein richtiges Auswahlgespräch. Körting hatte dies monatelang abgelehnt mit der Begründung, dass dies nicht notwendig sei, man könne auch nach Aktenlage entscheiden. Doch das Gericht sah es zwei Mal anders. Nun verzichtet Körting auf weitere Scharmützel vor Gericht und sagt: „Lieber einen Fehler rechtzeitig eingestehen.“ Das Verfahren soll jetzt eine „Auswahlkommission“ übernehmen, die mit beiden Kandidaten sprechen soll. Wie diese Kommission besetzt werden soll – das ist offen. Körting sagte, dass ein Außenstehender beteiligt werden solle, zum Beispiel ein Fachmann von einer privaten Personalberatungsfirma. Er selbst werde nicht in dieser Kommission sitzen. Wie lange das Besetzungsverfahren nun noch dauern wird, „ist nicht absehbar“, sagte Körting, sicherlich werde es jedoch „etliche Wochen“ Zeit in Anspruch nehmen. Zunächst müsse die Auswahlkommission gebildet werden und dann müssen sich die Mitglieder auf einen Fragenkatalog für die Bewerber einigen.
Körting sagte, dass beide Kandidaten mit dem Neubeginn einverstanden seien. Mit Hansen habe er gesprochen, mit Keese zwar noch nicht – aber ein Auswahlgespräch sei ja genau das, was Keese vor Gericht erstritten habe.
Die Opposition goss gestern Häme kübelweise aus. Renate Künast, die grüne Spitzenkandidatin, kritisierte, dass Körting sein „verpatztes Auswahlverfahren“ nun mit „nachträglicher Flickschusterei“ retten wolle, um auf jeden Fall seinen Wunschkandidaten Udo Hansen durchzuboxen. „Das geziemt sich nicht“, sagte Künast; dazu sei das Amt zu wichtig. „Die Besetzung muss von der neuen Regierung vorgenommen werden.“ Künast sprach sich für eine Frau an der Spitze aus: „Es gibt eine Reihe von geeigneten Kandidatinnen.“ Derzeit wird die Behörde von einer Frau geführt – der Vizepräsidentin Margarete Koppers. Sie hatte dieses Amt erst 2010 angetreten und sich deshalb nicht für die Präsidentenstelle beworben. Nur bei einer Neuausschreibung könnte sie sich bewerben.
Selbst der Koalitionspartner der SPD, die Linke, forderte gestern, dass „auch eine neue Ausschreibung in die Überlegungen einbezogen wird“, wie die innenpolitische Sprecherin Marion Seelig sagte. Einzig die FDP will keine neue Ausschreibung der Stelle. „Es sollte gelingen, unter den beiden Bewerbern den richtigen zu finden“, sagte der innenpolitische Sprecher Björn Jotzo gestern. Es sei gut, dass das Verfahren „jetzt transparent weitergeführt wird“. Die letzten Monate seien eine „absolut unvergleichliche Posse“. Auch Jotzo befürchtet, dass sich die Besetzung des Chefsessels im Präsidium noch monatelang hinziehen werde. Innerhalb der SPD-Fraktion wurde Körtings Sinneswandel begrüßt. „Wenn man sich schon zwei Klatschen vor Gericht geholt hat, ist das besser so mit einer Auswahlkommission“, sagte eine Abgeordnete. Die Entscheidung einer Auswahlkommission zu übertragen, sei besser, als Hansen „vor Gericht durchzupeitschen“. Körting sieht keine Gefahr, dass sein Wunschkandidat Hansen durch das monatelange Hin und Her „beschädigt“ werden könnte: „Wer sich um dieses Amt bewirbt, weiß, dass er in der Öffentlichkeit durch den Kakao gezogen werden kann“.
Die SPD-Mehrheit im rot-roten Senat hatte Ende Juni Hansen gegen den Widerstand der Linkspartei zum Präsidenten ernannt. Die Linke lehnt Hansen kategorisch ab. Sie begründete dies unter anderem mit dessen „rigidem Vorgehen“ gegen Flüchtlinge. Ein Asylbewerber war 1999 bei der Abschiebung auf dem Flughafen Frankfurt am Main ums Leben gekommen. Zu dieser Zeit war Hansen Chef des Bundesgrenzschutzes an dem Flughafen. Kritiker nennen immer wieder auch seinen Einsatz als Sicherheitsberater für den EADS-Konzern in Saudi-Arabien als Hinderungsgrund. Das SPD-Mitglied Hansen war 2008 krankheitsbedingt bei der Polizei ausgeschieden; angeblich wegen eines Burn-out-Syndroms.
Körting ficht diese Kritik nicht an: „Gegen keinen der beiden Bewerber liegt etwas Relevantes vor“, sagte er gestern.
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