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Hubertus Knabe (r), bisheriger Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, mit seinem Rechtsanwalt im Landgericht
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Ehemaliger Chef der Stasi-Gedenkstätte: Knabe will seine Kündigung nicht akzeptieren

Das Landgericht hat am Freitag den Fall Hubertus Knabe verhandelt. Die Angelegenheit ist kompliziert, trotzdem soll noch vor Weihnachten ein Urteil fallen.

Hubertus Knabe wird wieder von einigen Unterstützern empfangen. Es ist kurz vor elf Uhr am Landgericht in der Littenstraße. Die 63. Zivilkammer verhandelt in Saal 3123 Knabes Antrag, trotz Beurlaubung bis zum Frühjahr 2019 als Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen weiter beschäftigt zu werden. Also bis zu jenem Zeitpunkt, an dem seine Kündigung wirksam wird. Die Richter debattieren mit den Anwälten von Knabe und der Senatskulturverwaltung komplizierte juristische Details.

Etwa, ob das Landgericht überhaupt zuständig ist oder ob Knabe als Direktor in die Gedenkstätte zurückkann, obwohl er kein Vorstand mehr ist. Die Richter fragen nach allen Seiten hart nach und deuten an, dass die Klage auch ans Arbeitsgericht verwiesen werden könnte. Nach eineinhalb Stunden beenden die Richter die Verhandlung. Von den Anwälten, von Knabe gibt es keine Erklärung.

Knabe soll nicht genug gegen Belästigung getan haben

Bekannt wird nur, dass Knabe Beschwerde beim Arbeitsgericht eingelegt hat, weil es sich für nicht zuständig erklärt hat, seine Kündigungsklage zu verhandeln. Vor dem Landgericht sagt Knabes Anwalt, die Abberufung sei unwirksam. Vor dem Arbeitsgericht meint er, dieses sei zuständig, weil Knabe als Vorstand abberufen worden sei. Für die Zivilkammer ein erheblicher Widerspruch. Der Stiftungsrat hat Knabe am 25. September gekündigt und freigestellt. Grund sind Vorwürfe gegen Knabes Vize, Helmuth Frauendorfer, über Jahre Mitarbeiterinnen sexuell belästigt zu haben. Der Vize räumte die Vorwürfe als teils berechtigt ein. Der Stiftungsrat wirft Knabe vor, nicht genug gegen die Belästigung vorgegangen zu sein und das Verhalten durch seinen Führungsstil befördert zu haben. Knabe bestreitet das.

Mehrere Frauen hatten sich an den Stiftungsrat gewandt, der hielt die Vorwürfe für äußerst schwerwiegend und entzog Knabe das Vertrauen, den nötigen Kulturwandel herbeiführen zu können. Vorsitzender des Stiftungsrats ist Kultursenator Klaus Lederer (Linke), Mitglieder sind eine Vertreterin von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), der Vizepräsident des Landtags Brandenburg Dieter Dombrowski (CDU), Berlins Justizstaatssekretärin Martina Gerlach und die DDR-Aufarbeitungsbeauftragte von Sachsen-Anhalt, Birgit Neumann-Becker.

Frauen haben Angst, dass Knabe zurück kommt

Dieselbe Kammer, die am Freitag tagt, hat am 22. November auf Knabes Antrag eine einstweilige Verfügung erlassen – ohne den Stiftungsrat anzuhören. Der beschloss eilig, Knabe als Vorstand abzuberufen. Ein kommissarischer Vorstand wurde eingesetzt. Knabe erschien dennoch mit dem Gerichtsbeschluss in der Gedenkstätte – nur für wenige Stunden. Auf Lederers Beschwerde hin setzte eine Vertretungskammer die Verfügung aus. Die Anwältin der Kulturverwaltung reicht in der Verhandlung neue Beweise nach, etwa eine eidesstattliche Erklärung einer Mitarbeiterin der Gedenkstätte, der Knabe am Rande einer Veranstaltung im Bundestag gedroht haben soll, weil sie sich über sexuelle Belästigung beschwert hatte.

Die Erklärung einer anderen Mitarbeiterin wird überreicht – und jedes Mal erwähnt, dass die Frauen Angst haben, dass Knabe zurückkommt. Von Angst ist auch im Abschlussbericht von Marianne Birthler die Rede, die Mitarbeiter befragt hat. „Die wissen doch gar nicht, was Angst ist“, sagt ein Mann in den Besucherreihen. Dort sitzen Knabes Unterstützer, viele selbst Opfer der Stasi und des KGB.
Die Richter müssen entscheiden, was schwerer wiegt: Knabes Interesse, seine Arbeit zu erbringen, oder das Interesse der Stiftung, die seine Rückkehr nicht für vertretbar hält. Die Kammer will sogar prüfen, ob der Fall überhaupt eilbedürftig ist. Am 18. Dezember fällt das Urteil.

Alexander Fröhlich

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