100 Jahre Filmstudio Babelsberg: Klappe, die erste
Heute vor 100 Jahren begannen in Babelsberg die ersten Drehs. Das Studio war eigens für Schauspielerin Asta Nielsen entstanden.
Alles auf Anfang, Kamera ab – und action! Heute auf dem Drehplan: Blut, Lust und Tränen: „Czerneck, der alle Besinnung verloren hat, nähert sich ihr von Neuem in rasender Leidenschaft. Sie kämpfen erbittert und stürzen zur Erde. Da ergreift Bellas Hand zufällig den Dolch, krampfhaft schließen sich ihre Finger um dessen Griff und sie bohrt ihm den kalten Stahl in die Kehle.“ In diese hochdramatische Szene mündet die Handlung des Films „Totentanz“, nachzulesen im alten Programmheft des Verleihs. Es war der dritte Film Asta Nielsens in Deutschland und der erste, der je in Babelsberg gedreht wurde. Heute vor 100 Jahren begannen die Dreharbeiten, Anlass zur Würdigung des traditionsreichen Standorts im Berlinale-Programm wie auch zu einer Ausstellung über die Schauspielerin ab Montag im Filmmuseum Potsdam.
Der dänischen Diva verdankt letztlich Babelsberg, dass es zur Filmstadt wurde. „Die ,Bioscop’ baute bereits ein großes Atelier in Neu-Babelsberg für die Aufnahmen meiner Filme“, erinnerte sich Asta Nielsen in ihrer Autobiografie „Die schweigende Muse“ und hatte damit keineswegs übertrieben. Zuvor verfügte die Deutsche Bioscop GmbH nur über „ein paar dürftige Bodenräume im Norden Berlins“ – um genau zu sein: in der Chausseestraße 123. Das provisorische Aufnahmeatelier war längst an seine Grenzen gestoßen, die Räume waren dunkel, und wegen der großen Lampen gab es ständig Ärger mit der Feuerpolizei.
Guido Seeber, Filmpionier und Technischer Direktor der Bioscop, sann auf Abhilfe und fand sie in der Stahnsdorfer Straße 99-101 in Neu-Babelsberg, in einem heruntergekommenen Gewerbegrundstück , 40 Meter breit, 100 Meter lang, mit stillgelegtem dreistöckigen Fabrikgebäude. Für acht Filme hatte man mit dem neuen Star Asta Nielsen einen Vertrag geschlossen – der allerdings später für viel Geld weiterverkauft wurde. Seeber stellte sich ein – in Deutschland zuvor unbekanntes – Atelier zu ebener Erde vor, ein Glaskasten im Gewächshausstil mit einer Grundfläche von 15 mal 20 Metern, die Träger nur verschraubt, um damit notfalls umziehen zu können. Kredit gab es von der Deutschen Bank, für die Planung wurde der Charlottenburger Architekt C. H. Ulrich gewonnen, im Winter 1911/12 wurde gebaut. Im Erdgeschoss der Fabrik kamen Garderoben, Requisiten, Tischlerei und Kulissenmaler unter, im ersten Stock das studioeigene Kopierwerk für die Filmentwicklung, im zweiten Trockentrommeln, Schnitt, Titelherstellung und Trick. Das Atelier war so gestaltet, dass gleichzeitig in einer Ecke gedreht und in einer anderen die nächste Szene aufgebaut werden konnte. Auch gab es drei große Schiebetüren, um in Szenen auch Außenansichten einbauen zu können.
Die Dreharbeiten zu Babelsbergs Debüt „Totentanz“ dürften kaum länger als eine Woche gedauert haben. Das war damals die Regel, wie Asta Nielsen am 26. September 1928 in der „BZ am Mittag“ schrieb.Unter der Regie ihres späteren Ehemannes Urban Gad entstand ein Drama in drei Akten, „Dauer ca. eine Stunde“, wie es in einem alten Programmheft heißt. Es ist nur in einer Stummelkopie erhalten. Kurze Ausschnitte und Fotos des ersten Babelsberger Studios sind im Berliner Filmmuseum in der Ausstellung „Am Set“ zu sehen, eine im Filmmuseum München so gut es eben ging rekonstruierte Fassung wird erstmals an diesem Montag in der Asta-Nielsen-Ausstellung im Filmmuseum Potsdam gezeigt.
Rechtzeitig zur Uraufführung am 7. September 1912 hatte man übrigens Jugendverbot verhängt. Kaum mehr vorstellbar.
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