Berlin: Kirche ohne Kaffee
Am Breitscheidplatz soll ein Café eröffnen. Die Idee führt zu Disputen in der City West.
In Berlin kann man eigentlich überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit irgendwo etwas trinken gehen. Eigentlich – denn für den Charlottenburger Breitscheidplatz gilt das nicht unbedingt. Im Herzen der City West lädt kaum etwas die Passanten und Touristen zum Verweilen ein. Daran haben weder das Mövenpick noch bislang das neue Romanische Café im Waldorf Astoria viel geändert.
Deswegen möchte die evangelische Gemeinde der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ein Café eröffnen – ein Kirchencafé mit Außengastronomie im sogenannten Foyer des Gotteshauses am westlichen Rand des Breitscheidplatzes. „Denn gerade jetzt, wo viele sich von der Institution Kirche abwenden, ist es wichtig, dass wir uns den Menschen öffnen“, sagt Pfarrer Martin Germer. „Und zwar allen, nicht nur Gläubigen.“
Schöne Idee, wären da nicht die Denkmalschützer sowie Vertreter der Gesellschaft, die sich um das Erbe Egon Eiermanns kümmert – er war der Architekt der neueren Kirchenbauten am Breitscheidplatz. Ein Café würde einen erheblichen Umbau voraussetzen: die komplette Sanierung des Erdgeschosses und eine neue Tür, die einen direkten Eingang ins Gebäude ermöglichen würde, den es momentan so nicht gibt. Immerhin ist die Rede von mehr als 250 Quadratmetern.
Für die Denkmalpfleger kommt das nicht infrage. Sie wollen lediglich einer Renovierung zustimmen. Das haben sie anlässlich eines Expertenworkshops im Architekturgebäude der TU am Ernst-Reuter-Platz am Donnerstagabend deutlich gemacht. Landeskonservator Jörg Haspel spricht von Objektentwertung. Ein Eingriff in die Fassade des Gebäudes würde das architektonische Gesamtkunstwerk Eiermanns zerstören. Überhaupt sei die typische Eiermann’sche Bauart ungeeignet für jegliche Form der Gastronomie.
Das sehen die Befürworter anders und denken dabei auch ans Finanzielle. Da die Stadt die dringend benötigten Gelder zur fortlaufenden Sanierung der Kirchenbauten nicht bereitstellen kann, sucht die Gemeinde einen Plan B. Ein Café könnte eine solche Lösung sein. „Natürlich servieren wir dort nicht nur Kaffee und Kuchen, eigentlich wollen wir einen Raum der Begegnung schaffen“, sagt Pfarrer Germer.
Inspiriert wurde er durch Gemeindemitglieder, die vom „Café Stanton“ am Kölner Dom erzählten. Dort sei Gastronomie, Seelsorge und Austausch auf wunderbare Weise vereint.
Schon Eiermann selbst hatte sich einst mit dem damaligen Pfarrer um die Nutzung des Kirchenfoyers gestritten. Ein Ort, an dem sich die Leute wohlfühlen, sei dieses letztendlich nie gewesen, sagt Germer. Zurzeit fungiert das Gebäude als soziale Anlauf- und Beratungsstelle.
Der Konflikt zwischen der Denkmalpflege und den Nutzungsideen ist nicht einfach zu lösen. Bald sollen Bürger deshalb öffentlich mitdiskutieren können – um die Auseinandersetzung irgendwann doch noch zu einem Ende zu bringen. Andreas Matschke/Nele Pasch
Nele Pasch
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