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"Keine Flugrouten über dem Müggelsee" fordern die Bürgerinitiativen in Friedrichshagen ohnehin schon. Die Gefährdung des Trinkwassers könnte ihnen neue Argumente liefern. Auch heute soll wieder protestiert werden - und zwar am BER.
© dpa

BER-Flugrouten über dem Müggelsee: Kerosin im Anflug: Gefahr für Trinkwasser in Berlin

Flugzeuge über dem Müggelsee könnten negative Folgen für Berlins Trinkwasser haben – doch die wurden nicht gründlich untersucht.Ein Vermerk wirft Fragen auf zur Rolle des damaligen Senators Peter Strieder. Nun urteilt das Oberverwaltungsgericht über die BER-Route.

Kurz vor dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts über die Müggelsee-Route des BER sind Dokumente aufgetaucht, die für das Verfahren entscheidend sein können. Nach der EU-Rüge zu den Vogelschutzgebieten lassen sie neue Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Routenfestlegung aufkommen – und werfen Fragen zum Verhalten des damaligen Stadtentwicklungssenators Peter Strieder (SPD) auf. Am Mittwoch will das Gericht über die Müggelsee-Route urteilen, zuletzt hatte die Kammer die Wannsee-Route gekippt. Nach den Unterlagen aus dem Senat und dem Bezirk Treptow-Köpenick, die dem Tagesspiegel vorliegen, wurden mögliche negative Auswirkungen des BER auf die Trinkwasserversorgung von fast einer Million Berlinern nicht ausreichend untersucht – trotz Warnungen der Umweltbehörden. Relevant ist in diesem Zusammenhang auch eine Weisung durch den damaligen Senator im Jahr 2000.

Am Müggelsee steht das Wasserwerk Friedrichshagen. Ein Viertel des Berliner Trinkwassers wird hier gewonnen, als sogenanntes Uferfiltrat aus Spreewasser. Die Gegend ist ein Trinkwasserschutzgebiet. Verschmutzungen, etwa durch Abgase, abgelassenes Kerosin, Unfälle oder Notlandungen, könnten extreme Folgen haben. Für den Prozess relevant ist, dass die damals noch gerade geplanten BER-Flugrouten am Müggelsee vorbeiführten, wenn auch knapp. Mittlerweile aber sollen die Routen abgeknickt verlaufen – und damit sogar direkt über den See. In der schriftlichen Klage der Routengegner heißt es, es sei bemerkenswert, dass die Fachbehörden schon bei den geradeaus verlaufenden Flugverfahren „erhebliche wasserwirtschaftliche Bedenken hatten“. „Hieraus ergibt sich, dass derartige Bedenken erst recht bei den nun festgelegten Flugverfahren hätten geprüft werden müssen.“

Die Fachabteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz arbeitete seinerzeit mit an einer Stellungnahme zum BER-Planfeststellungsverfahren. In einem Entwurf vom 15. Juni 2000 heißt es: „Insoweit ist es nicht tolerierbar, dass das Wasserschutzgebiet Friedrichshagen mit Landflächen und dem Müggelsee überflogen wird.“ Dieses Veto fehlte aber in der Endfassung vom 7. Juli 2000, die an das Land Brandenburg geschickt wurde. Im August 2003 bemerkte das ein Fachbeamter und erkundigte sich beim „Generalreferat“ des Senats, „warum die fachlichen Kernaussagen unserer Zuarbeiten keine Berücksichtigung“ gefunden hatten. Er erhielt eine Auskunft, die er für so schwerwiegend hielt, dass er sie in einem Vermerk dokumentierte: „Der Senat Berlin will den Flughafenausbau in Schönefeld. Um dem Land Brandenburg keinen Grund zu geben, dass Berlin mit technischen Feststellungen und Forderungen als Behinderer wirkt, darf GenRef auf Weisung des Senators keine derartigen schriftlichen Aussagen zum Grundwasserschutz weiterleiten.“ Deshalb habe der Satz zum Müggelsee „keine Berücksichtigung“ gefunden.

Stadtentwicklungssenator war damals Peter Strieder (SPD), der am Freitag nicht erreichbar war. Der Beamte notierte jedenfalls dazu: Die „Nichtweitergabe“ sei „mehr als bedenklich“. Denn Berlin wolle die Kapazitäten des Wasserwerkes Friedrichshagen sogar weiter erhöhen. Auch das Bezirksamt Treptow-Köpenick hat mehrfach weitergehende Prüfungen gefordert – vergeblich.

All das geschah unter der Prämisse gerader Flugrouten, die noch nicht direkt über den Müggelsee führten. Die Problematik könnte jener beim Forschungsreaktor Wannsee ähneln. Dieser war schließlich das entscheidende Argument für die Richter, die Route zu kippen – nämlich weil mögliche Gefahren nicht entsprechend geprüft worden waren. Womöglich deshalb haben die Anwälte des für die Flugrouten zuständigen Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF) jüngst versucht, eine Verschiebung der OVG-Verhandlung um einige Monate zu erreichen – begründet auch mit der Berliner Trinkwasserproblematik. Inhaltlich will sich die Behörde zurzeit nicht äußern. Eine Sprecherin sagte: „Wir warten die Gerichtsverhandlung ab.“

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