Ex-Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland: Kenan Kolat lässt gegen sich selbst ermitteln
Der frühere Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland hat jetzt in einem Abrechnungsstreit selbst die Staatsanwaltschaft angerufen. Er ist entlastet, will aber Klarheit bei den Taxi- und Bewirtungsfragen.
Der frühere Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V., Kenan Kolat, hat sich wegen Vorwürfen zu Buchhaltung und Abrechnung gegen seine Person selbst an die Staatsanwaltschaft Berlin gewandt. Laut seinem Anwalt Steffen Bunnenberg wolle Kolat Schaden vom Verband abwenden und „eine restlose objektive und unabhängige Aufklärung“ ermöglichen. Auslöser sind Vorwürfe, die sich aus dem Kassenprüfungsbericht der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V. für den Zeitraum 2012 bis 2014 ergeben hatten. Kolats Stimme hatte in Deutschland während vieler Ereignisse großes Gewicht.
Gründe für Taxifahrten präzisiert
Nach dem Kassenprüfungsbericht war Kolat vorgeworfen worden, bei einigen Taxiquittungen und Bewirtungsbelegen sei der zwingende dienstliche Anlass nicht unmittelbar erkennbar gewesen. "Unser Mandant hat daraufhin die notwendigen Belege nachgereicht", teilte der Anwalt dem Tagesspiegel auf Anfrage mit.
Zudem habe Kolat laut seinem Anwalt einige Barauszahlungen vorgenommen, „für deren Relevanz für den Verein nicht in allen Fällen hinreichende Belege vorlagen, die unser Mandant allerdings durch zeitnahe Einzahlungen in gleicher Höhe jeweils vollständig wieder ausgeglichen hatte“. Im Rahmen des Kassenprüfungsberichts sei ausdrücklich kein Fehlbetrag festgestellt und daher Kolats Entlastung empfohlen worden.
Kolat wurde entlastet
„Unser Mandant und der gesamte geschäftsführende Bundesvorstand wurden nach Diskussion des Kassenprüfungsberichts im Bundeskongress am 10.5.2014 ohne Gegenstimmen entlastet“, teilte Bunnenberg mit. Insider vermuten, dass die aktuellen Geschehnisse durch Kräftegerangel hinter den Kulissen ausgelöst worden waren.
Kolat hatte vergangenes Jahr sein Amt des Bundesvorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland aufgegeben und nicht mehr neu kandidiert, aus gesundheitlichen Gründen.
Das aktuelle Sprecheramt ruht
Die Tätigkeit als einer der Sprecher beim Mitte 2014 gegründeten Verband für interkulturelle Wohlfahrtspflege, Empowerment und Diversity (VIW) von elf Migrantenvereinen lässt Kenan Kolat bis zum Abschluss der Ermittlungen ruhen, teilte sein Anwalt dem Tagesspiegel am Ostermontag auf Anfrage weiter mit.