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Familien mit vielen Kinder haben es bei der Wohnungssuche nicht leicht.
© dpa

Wohnungssuche in Berlin: Keine Wohnungen für kinderreiche Familien

Große Wohnungen sind sehr rar in Berlin. Und viele Vermieter möchten keine kinderreichen Familien. Das trifft auch viele Flüchtlinge.

Sie hatten sich so auf ihre erste Wohnungsbesichtigung gefreut. Am Donnerstag sollten sie die Schlüssel abholen, doch dann hieß es plötzlich, die Wohnung sei zu klein für acht Personen. "Dabei hatte ich vorher geschrieben, dass die Familie sechs Kinder hat", sagt Marianne Birthler. Die ehemalige Beauftragte für die Stasi-Unterlagen kümmert sich in der Sozialkommission Flüchtlingswohnen derzeit um eine Familie aus dem Irak: "Die Eltern wurden wegen ihres jesidischen Glaubens verfolgt, sie wohnen mit den Kindern bislang in einer Flüchtlingsunterkunft am Märkischen Ufer."

Mehrere Dutzend Schreiben an potenzielle Vermieter hat Marianne Birthler verfasst, darin auch geschildert, dass die Familie sehr freundlich sei, dass sich die Kinder im Alter zwischen fünf und 18 Jahren liebevoll umeinander kümmern und dass sie selbst jederzeit zur Verfügung stehe, wenn es Probleme gebe. "Die meisten haben gar nicht geantwortet", sagt sie: "Andere schrieben, dass es unmöglich sei, an eine Familie mit sechs Kindern zu vermieten, weil in den Nachbarwohnungen überwiegend Eigentümer leben oder weil man schlechte Erfahrungen mit dem Jobcenter gemacht habe, das oft die Mietzahlungen übernimmt."

Die Argumentation, die der Familie unmittelbar vor dem geplatzten Besichtigungstermin mitgeteilt wurde, kann Marianne Birthler erst recht nicht nachvollziehen. "Mit 121 Quadratmetern ist die Wohnung doch nicht zu klein", sagt sie: "Das wäre doch ausreichend, zumal die Familie bislang in zwei Zimmern untergebracht ist – mit Gemeinschaftsbad auf der Etage und Gemeinschaftsküche im Keller." Kein Wunder, dass die Familie, vor allem der Vater, jetzt sehr enttäuscht ist.

Marianne Birthler kümmert sich in der Sozialkommission Flüchtlingswohnen um eine Familie aus dem Irak.
Marianne Birthler kümmert sich in der Sozialkommission Flüchtlingswohnen um eine Familie aus dem Irak.
© picture alliance / dpa

Auch sie frage sich natürlich, warum so viele Vermieter einen Rückzieher machen. "Ich glaube nicht einmal, dass die in erster Linie ausländerfeindlich sind", sagt Marianne Birthler: "Sie sind wahrscheinlich eher familienunfreundlich – deutsche Bewerber mit mehreren Kindern machen sicher ähnliche Erfahrungen in Berlin."

Das kann der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, nur bestätigen: "Ob Flüchtlinge oder Einheimische – für Familien mit vier oder mehr Kindern wird es in Berlin immer schwieriger, eine Wohnung zu finden."

Die Familie aus dem Irak sucht weiterhin nach einer Bleibe

Marianne Birthler will dennoch nicht aufgeben. Schon einmal hat sie eine Wohnung für eine mit drei Kindern geflüchtete Mutter gesucht. Und bei einem Mann gefunden, der seine vormalige Ferienwohnung wegen seiner ausländischen Wurzeln Flüchtlingen zur Verfügung stellen wollte, erzählt sie: "Das hat gut geklappt." Den im Tagesspiegel geschilderten Fall eines Vermieters, dem das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg verbot, seine bisherige Ferienwohnung an Flüchtlinge zu vermieten, kann sie nicht nachvollziehen: "In anderen Bezirken gibt es keine Probleme."

Problematisch dürfte aber die weitere Wohnungssuche für die achtköpfige Familie aus dem Irak sein. "Es tut uns auch leid, dass wir nicht helfen können", sagte ein Sprecher der zuständigen Wohnungsgesellschaft: "Die Wohnung hat zwar 121 Quadratmeter, aber nur vier Zimmer. Das ist nach unseren Erfahrungen einfach zu wenig für acht Personen." Mit Ausländerfeindlichkeit habe das nichts zu tun, sagt der Sprecher: "Wir haben schon an viele Flüchtlinge vermietet – gerade eine Fünfeinhalb-Zimmer-Wohnung an eine siebenköpfige Familie. Aber große Wohnungen sind in Berlin nun einmal Mangelware."

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