Saisonbeginn in Brandenburg: Kaum Spargel in Beelitz
Heute wird in Schäpe der erste Beelitzer Spargel gestochen. Doch die Ernte wird wegen des langen Winters vorerst nur wenig Ertrag bringen. Viele Brandenburger Köche kritisieren deshalb den frühen Termin, weil sie kaum mit Spargel aus der Umgebung rechnen können.
Die Sonne ist da, die Kunden warten, und irgendwann muss es ja losgehen mit dem ersten Spargel. Die Mitglieder des Beelitzer Spargelvereins haben sich für den Anstich den heutigen Donnerstag ausgesucht, die blonde Spargelkönigin Michaela Kranepuhl hat die Krone schon mal anprobiert, und um 10 Uhr geht es los mit Musik und Agrarminister Vogelsänger, diesmal auf dem Spargelhof Jakobs in Schäpe.
Das wird für alle Beteiligten eine Zitterpartie. Doch selbst wenn die ersten Stangen wirklich gefunden werden, können angesichts des gerade erst beendeten Winters zunächst nur symbolische Mengen geerntet werden. Das hat Kritik geweckt: Die Mitglieder der Köchevereinigung „Brandenburg unter Dampf“ sprechen von „medienwirksamem Mumpitz“.
So kritisiert Ulrike Laun, Chefin des Restaurants „Landlust“ in Körzin mitten im Spargelgebiet: „Das ist doch völlig verrückt, da stechen sie den ersten Beelitzer Spargel an – und wir Restaurants bekommen davon noch mindestens zwei Wochen nichts zu sehen.“ Die Köche sind in einer kuriosen Situation: Ihre Gäste hören vom Anstich, reisen an – und müssen sich mit badischem oder griechischem Spargel zufriedengeben, weil die Beelitzer Bauern mit Mühe und Not genug für den Bedarf der eigenen Höfe haben.
Der erste Brandenburger – nicht Beelitzer – Spargel kommt normalerweise aus Sallgast in der Niederlausitz oder Vetschau im Spreewald, doch auch in Vetschau eröffnet man die Saison erst am 21. April. „Klar, die Spargel-Höfe haben genug, um ihre Besucher zu bedienen und auch mal ein Kilo zu verkaufen“, sagt Dieter Kobusch vom Dämeritzsee-Hotel am Berliner Stadtrand, „aber das reicht nicht, um die regionalen Restaurants zu beliefern“. Einen Ausweg bietet der beheizte Anbau, der in Deutschland relativ weit verbreitet ist. Der aber ist umweltschädlich und mit Kilopreisen von 20 Euro für die Gastronomie auch zu teuer.
Ohnehin ist dem Spargelanbau die Romantik abhandengekommen. Die wundersame Auferstehung des legendären Beelitzer Spargels war nur um den Preis eines hocheffizienten Anbaus unter Foliendecken möglich, die meist schon im November ausgelegt werden und weder optisch noch ökologisch eine besonders befriedigende Lösung darstellen.
Anspruchsvolle Spitzenköche kritisieren auch, dass durch diesen beschleunigten Anbau die Qualität auf der Strecke bleibe. Peter Frühsammer, ein Kenner der Szene, hat deshalb für sein Grunewalder Restaurant lange nach einem Lieferanten gesucht, der nach traditionellen Methoden arbeitet und den Spargel erst sticht, wenn er von der Sonne herausgetrieben wird. Aber: Das funktioniert in diesem Jahr schätzungsweise erst ab dem 15.Mai. Bis dahin muss sich auch Frühsammer mit dem zufrieden geben, was Beelitz mit Folienhilfe produziert: „Ich beschränke mich bis dahin aber mit dem Spargel auf Beigaben, beispielsweise im Leipziger Allerlei,“ sagt er, „die großen Portionen gibt es erst später“.
Das wird auch in Beelitz so gesehen. Das traditionelle Spargelfest findet stets am ersten Juniwochenende statt. Da kann mit dem Wetter nichts mehr schiefgehen.
Mehr Informationen und Service rund um die Spargelsaison finden Sie am morgigen Freitag auf der „Berlin Extra“-Seite.
Bernd Matthies