Zwangsversteigerung abgesagt: Käufer für Tempodrom gefunden
Die drohende Zwangsversteigerung des Tempodroms ist abgewendet: Für den Kulturbau am Anhalter Bahnhof gibt es einen neuen Käufer. Das Land muss dem Verkauf noch zustimmen – und bleibt auf Kredit sitzen.
Die unendlich scheinende Geschichte um das Tempodrom kommt jetzt offenbar doch noch zu einem Abschluss: Für den Kulturbau am Anhalter Bahnhof, dessen außer Kontrolle geratene Baufinanzierung 2004 eine folgenreiche politische Affäre ausgelöst hatte, wurde nach jahrelanger Suche ein Käufer gefunden.
Den für Mittwoch angesetzten Termin für eine Zwangsversteigerung sagte das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg am Montag kurzfristig ab. Demzufolge hat die Landesbank Berlin als „Vollstreckungsgläubigerin“ von der Zwangsvollstreckung „einstweilen Abstand genommen“. Hintergrund der unerwarteten Wende ist nach Tagesspiegel-Informationen, dass ein Kaufinteressent für das Haus zum Zuge kommen soll, der vor einem guten Jahr bereits vom Insolvenzverwalter den Zuschlag bekommen hatte.
Damals war das Geschäft aber kurzfristig gescheitert, da der Käufer nachträglich noch versucht haben soll, den vereinbarten Preis zu reduzieren. Nun ist man sich mit diesem Interessenten offenbar doch noch einig geworden. Der neue Tempodrom-Besitzer soll in der Kulturbranche tätig sein, seine Identität und der genaue Kaufpreis waren am Montag aber bei keinem der Beteiligten zu erfahren.
Das Veranstaltungsprogramm im Haus wird seit einigen Jahren erfolgreich von der Firma Treugast als Pächter betrieben. Wie in einer früheren Annonce für das Haus angegeben, beträgt der Jahresüberschuss des Tempodroms 370 000 Euro, die vor allem aus dem gut laufenden Veranstaltungsgeschäft stammen. Treugast soll aber nicht der neue Besitzer des Gebäudes sein. Dass ein Insolvenzverwalter für den Bau zuständig ist, hat damit zu tun, dass das Gebäude vor einigen Jahren wegen überhöhter Baukosten in die Insolvenz rutschte. Für die Besucher des Musik- und Unterhaltungsprogramms, des Restaurants oder des Schwimmbades Liquidrom im gleichen Haus hat die neue Entwicklung vorerst keine Auswirkungen. Für den Landeshaushalt dürfte der bevorstehende Abschluss des Verkaufs dagegen direkte Folgen haben: Der privat errichtete Bau war vor zehn Jahren mit einem vom Land verbürgten Kredit von 12,7 Millionen Euro errichtet worden.
Massive Kostensteigerungen und das starke Engagement des früheren Senators Peter Strieder (SPD) für das Haus führten 2004 zur Tempodrom-Affäre, in deren Zuge Strieder als SPD-Chef und Senator zurücktrat. Die gesamten Baukosten für das Haus betrugen rund 33 Millionen Euro – zehn Mal so viel wie der heutige Verkehrswert des Gebäudes, den das Amtsgericht mit 3,17 Millionen Euro angibt.
Von der Höhe des jetzt vereinbarten aber noch geheimen Kaufpreises hängt ab, wie hoch der finanzielle Schaden ist, für den das Land – und damit der Steuerzahler – einzustehen hat. Nach Angaben des Liegenschaftsfonds war das Land unter dem Tempodrom bereits im Dezember verkauft worden. Den Boden stellt Berlin allerdings nur per Erbpacht für 99 Jahre bereit. Dieser Verkauf ist aber noch unwirksam, bis auch das Gebäude einen Käufer gefunden hat – erst dann ist mit der notwendigen Zustimmung durch das Abgeordnetenhaus zu rechnen, sagt Irina Dähne, Sprecherin des Liegenschaftsfonds, der für die Vermarktung von Landesimmobilien zuständig ist. Dem Vernehmen nach will das Land „in Kürze“ die Voraussetzungen für einen Abschluss des Geschäfts treffen.