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Die Botschafterin predigt. Margot Käßmann in der Gedächtniskirche.
© dpa

Zurück zur Kirche: Käßmann hat wieder ein Amt

Sie hat einen neuen Job: Feierlich wurde Margot Käßmann in ihr neues Amt eingeführt. Überraschenderweise blieb der sonst so übliche Fankult jedoch aus.

Die Deckenleuchten blieben ausgeschaltet, ein feierliches Halbdunkel lag in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Alle Scheinwerfer, alle Augen waren auf eine Frau gerichtet: Margot Käßmann. Im schwarzen Talar kniete sie vor dem Altar, stand sie auf der Kanzel. Nach ihrem Rücktritt nach einer Alkoholfahrt im Frühjahr 2010, nach ihren gefeierten Auftritten bei Gottesdiensten und in den vollbesetzten Messehallen der Kirchentage, kehrte die ehemalige Bischöfin gestern zurück in den Schoß der Kirche. In einem feierlichen Gottesdienst wurde sie zur Botschafterin, zur Beauftragten des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017. „Aber ich bin ziemlich sicher, dass sich die Anrede hochwürdigste Exzellenz der Reformation für Dich nicht durchsetzen wird“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Nikolaus Schneider, zu seiner alten, neuen Mitarbeiterin.

Doch der Fankult rund um die ehemalige Bischöfin blieb diesmal aus. In der Kirche blieben Plätze leer, bislang eher selten bei Auftritten von Käßmann. Zum Gottesdienst und dem anschließenden, alkoholfreien Empfang waren vor allem geladene Gäste aus den Reihen der Evangelischen Kirche erschienen: Die Mitglieder des Rates der EKD ebenso wie der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe oder Landesbischof Markus Dröge. Sie erlebten eine Margot Käßmann, wie sie immer war. Witzig, spritzig und mit vielen Bezügen auf sich selbst. „Schauen wir uns nur das Cranachportrait Luthers an – da steht kein Asket vor uns“, predigte die Theologin über den Reformator. „Mit seiner Katharina hat er Sexualität und Familie vom Geruch des Minderwertigen gegenüber einem Leben im Zölibat befreit.“

Käßmann erinnerte daran, dass auch Jesus Christus „als Kind gewickelt“ wurde, würzte ihre Predigt mit Erinnerungen an ihre Zeit als Bischöfin und sprach sich dafür aus, einen „gebildeten Glauben“ in das Zentrum des Gedenkjahres zu stellen. „Gegen jedwede Ausprägung von Fundamentalismus ist eine Kernbotschaft zum Reformationsjubiläum: selbst denken!“

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