Rekommunalisierung in Berlin: Karl-Marx-Allee: Gericht kippt Verkaufsstopp an Deutsche Wohnen
Die Senatsverwaltung für Finanzen rechnet nun mit dem Einsatz des "gestreckten Erwerbs" über die Gewobag.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hat vor dem Landgericht Berlin eine Niederlage einstecken müssen. Am Montag hob das Gericht im Dezember 2018 erlassenen einstweilige Verfügungen gegen den Verkauf von knapp 670 Wohnungen in der Karl Marx Allee an die Deutsche Wohnen auf. Gegen den Beschluss können Rechtsmittel eingelegt werden, die Senatsverwaltung kündigte eine sorgfältige Prüfung an.
Gericht sorgt für Klarheit
Während sich Deutsche-Wohnen-Sprecherin Manuela Damianakis erfreut darüber zeigte, dass die Rechtsauffassung des börsennotierten Unternehmens bestätigt wurde, ließ die Senatsverwaltung für Finanzen erklären: "Mit der Aufhebung der einstweiligen Verfügungen durch das Gericht herrscht nun Klarheit. Wir gehen davon aus, dass der Verkauf des größten Teils der Wohnungen an die Deutsche Wohnen stattfinden und der „gestreckte Erwerb“ zum Zuge kommen wird."
Ziel sei es gewesen, "eine gute Lösung für alle Mieterinnen und Mieter in der Karl-Marx-Allee zu erreichen" und mit dem Erwerb der kompletten Immobilie zu einer einheitlichen Eigentümerstruktur beizutragen. Dieses Vorhaben ist nun gescheitert.
Grundlage der vor Weihnachten erlassenen Verfügungen war eine von der Finanzverwaltung gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF) angeregte Überprüfung des Verkaufs der Wohnungen durch die Predac Immobilien Management AG an die Deutsche Wohnen. Beide Parteien hatten geltend gemacht, der Verkauf entspreche nicht der Vorgabe des Altlastenhilfe-Gesetzes, wonach Eigentumsbildung durch die in den Wohnungen lebenden Mieter erreicht werden sollte. Das hätten Verträge von 1993 und 1995 vorgesehen, mit denen die Herauslösung der Blöcke aus dem WBF-Bestand besiegelt wurde.
„Die Deutsche Wohnen hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie nicht vorhat, dort Mietereigentum zu begründen“, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) im Dezember. In der Begründung des Landgerichts für die einstweiligen Verfügungen hieß es: Die Antragsgegnerin sei „verpflichtet, sämtlichen Mietern des Objekts die von ihnen bewohnte Wohnung vorrangig zum Kauf anzubieten.“
Gewobag zahlt 100 Millionen Euro
In der Folge der Gerichtsentscheidung kommt nun das für diesen Fall entworfene Modell des „gestreckten Erwerbs“ zum Tragen. Bis Anfang Januar hatten die Mieter der drei betroffenen Wohnblöcke Zeit, ihr Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen - was knapp 40 Prozent der Mieter taten. Abgewickelt wurde der Kauf über einen sogenannten Intermediär, der die Wohnungen stellvertretend für die Mieter zunächst ge- und im gleichen Schritt an die landeseigene Gewobag verkauft hatte. Der Deal kostet die Gewobag Berechnungen des Tagesspiegels zufolge um die 100 Millionen Euro.
Vertreter der Opposition hatten kritisiert, die Privilegien einer kleinen und lautstarken Minderheit zu sichern. Sie warfen Rot-Rot-Grün vor, auf diesem Wege nicht eine zusätzliche Wohnung zu schaffen und so zur Linderung der Wohnungsnot in Berlin beizutragen.
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