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Zwei Jungen im Schwimmbad
© dpa

Schwimmbadschließungen in Berlin: Kalte Dusche für den Bäderchef

Mit seinem Sanierungskonzept für die Berliner Bäder hat sich der Bäderchef beim Sportsenator Henkel nicht beliebt gemacht. Der rügt den Plan als voreilig. Dadurch steht jetzt wieder einiges auf der Kippe.

Mit seinem Vorschlag, 14 veraltete und sanierungsbedürftige Schwimmbäder zu schließen und stattdessen fünf neue Kombi-Bäder zu bauen, hat sich Bäder-Chef Ole Bested Hensing beim Innen- und Sportsenator Frank Henkel (CDU) unbeliebt gemacht. „Ich habe den neuen Vorstand zwar ermuntert, sich ohne Denkverbote eigene Überlegungen zu machen“, teilte Henkel am Donnerstag mit. „Damit ist jedoch nicht verbunden, Konzeptentwürfe, die weder im Aufsichtsrat diskutiert noch vom Aufsichtsrat genehmigt wurden, bereits öffentlich zu machen.“ Eine ausreichende Versorgung mit Wasserflächen für das Schul- und Vereinsschwimmen sei in jedem Fall sicherzustellen. Änderungen müssten im vertrauensvollen Austausch mit betroffenen Sportverbänden frühzeitig kommuniziert werden. Henkel ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Bäderbetriebe, insofern hat seine scharfe Rüge hohes Gewicht.

Der Sanierungsbedarf der Berliner Bäder liegt bei 45 Millionen Euro

Experten von Grünen und Piraten forderten hingegen, die überraschenden Ideen des Bäder-Chefs wohlwollend zu prüfen. Welche Bäder abgerissen werden könnten, behielt dieser bislang aber für sich. Öffentlich bekannt ist nur, welche Hallen- und Freibäder den größten Sanierungsbedarf haben. Das sind die Standorte: Humboldthain (Wedding), Thomas-Mann-Straße (Pankow), Spreewaldplatz (Kreuzberg), Prinzenstraße (Kreuzberg), Hauptstraße (Schöneberg), Krumme Straße (Charlottenburg), Olympiastadion (Charlottenburg), Mecklenburgische Straße (Wilmersdorf), Roedernallee (Reinickendorf), Finckensteinallee (Steglitz), Baumschulenweg (Neukölln), Allendeviertel (Köpenick), Wolfshagener Straße (Pankow) und Helene-Weigel-Platz (Marzahn).

Der Sanierungsbedarf dieser Bäder liegt insgesamt bei fast 40 Millionen Euro. Das Land Berlin stellt aber nur fünf Millionen Euro jährlich für „investive bauliche Maßnahmen zum Erhalt der Bäder“ bereit. Mit dem restlichen Zuschuss von 45 Millionen Euro jährlich können nicht einmal die Defizite ausgeglichen werden, die von den landeseigenen Bäder-Betrieben jedes Jahr erwirtschaftet werden. Der Investitionsstau wird eher größer, als dass er abgebaut wird.

Spaßbäder gibt es im Umland, in Berlin soll der Sport an erster Stelle stehen

Bei den Christdemokraten gibt es offenbar unterschiedliche Meinungen. So sagte der CDU-Sportexperte Peter Trapp, viele Bäder seien so veraltet und technisch verrottet, „dass man beim Zuschauen schwermütig wird“. Es sei vernünftig, eine teure Sanierung solcher Anlagen in Zweifel zu stellen. Für ein Kombi-Bad hat der CDU-Mann schon einen Vorschlag: So könnte das Gelände des ehemaligen Familienbads der britischen Alliierten für ein neues Hallenbad genutzt werden, als sinnvolle Ergänzung zum Olympiabad, das ab 2014 für 17 Millionen Euro saniert werden soll.

Der Grünen-Abgeordnete Martin Beck findet es ebenfalls gut, „nach neuen Wegen zu suchen und alte Bäder infrage zu stellen, deren Restaurierung sich nicht lohnt“. Dazu zählt Beck auch das Bad in der Thomas-Mann-Straße (Pankow). Der Pirat Andreas Baum fordert ebenfalls, die wenig attraktiven und unwirtschaftlichen Bäder „dringend umzustrukturieren“. Dagegen plädierte Gabriele Hiller, sportpolitische Sprecherin der Linksfraktion, am Donnerstag dafür, „die Schwimmhalle in der Thomas-MannStraße fertigzusanieren“. Die Idee von Ole Bested Hensing, die Bäderlandschaft völlig umzukrempeln, betrachte sie „mit Skepsis und großer Sorge“. Auch der SPD-Sportexperte Dennis Buchner sieht die Vorschläge des Bäder-Chefs „extrem skeptisch“. Es gebe genügend Spaßbäder und Wellness-Tempel im brandenburgischen Umland, da müsse man nicht noch in Berlin solche Anlagen bauen. Der Sozialdemokrat warnte ebenfalls davor, von der Sanierung des Bads in der Thomas-Mann-Straße abzurücken.

Einig sind sich aber alle Parteien im Abgeordnetenhaus, dass die Bäder-Betriebe das Schul- und Vereinsschwimmen weiter garantieren müssen, gleichmäßig verteilt übers Stadtgebiet. „Lange Anfahrtswege, etwa beim Schulschwimmen, sind indiskutabel“, sagte Trapp. Hallen- und Sommerbäder seien in erster Linie dazu da, „wohnortnah etwas für Wohlbefinden und Gesundheit der Bürger zu tun“, ergänzte Hiller. Die Kollegen von SPD, Grünen und Piraten sehen das genauso. Am 6. September wird sich der Aufsichtsrat der Bäder-Betriebe mit dem Konzept des neuen Vorstands befassen. Dazu zählen auch eine neue Tarifstruktur samt Preiserhöhungen, bedarfsgerechte Öffnungszeiten, Neuordnung des Vereins- und Schulbetriebs, Schulung und Motivierung des Personals und: Das Wasser muss warm genug sein.

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