Berlin: Justiz kann auch ganz nett sein
Senator Thomas Heilmann verwirrt die Opposition, denn er bietet ihr wenig Anlass für böse Worte.
Er kann mit allen. Thomas Heilmann, Senator für Justiz und Verbraucherschutz, kommt sogar bei der Opposition gut an. Wer sich dieser Tage danach erkundigt, wie der CDU-Mann im Polit-Alltag funktioniert, bekommt nichts Böses zu hören. Heilmann sei ein Pragmatiker, er pflege einen unbürokratischen Stil, er sei offen für Vorschläge des politischen Gegners. So reden auch Abgeordnete wie der grüne Rechtspolitiker Dirk Behrendt, der für CDU-Leute sonst nur Spott oder bissige Bemerkungen übrig hat. Zu Heilmanns jüngstem politisch-kommunikativem Vorstoß, dem „Bello-Dialog“ über ein neues Hundegesetz, sagt Behrendt, da lache sein Basisdemokraten-Herz. Und Simon Kowalewski, Verbraucherschützer der Piraten-Fraktion, sagt dazu, er könne es nur begrüßen, „wenn die CDU merkt, dass es gut ist, mit den Bürgern zu reden“. Der Kommunikator Heilmann mit seiner Vergangenheit als Manager eines erfolgreichen Werbeunternehmens hat, so scheint es, schon jetzt mit nachhaltigem Erfolg um Sympathien der Opposition geworben.
Das könnte täuschen. Denn so sehr Leute wie Behrendt oder Kowalewski Heilmanns hochmutfreien Stil schätzen, so sicher erwarten sie schärfere Konflikte in naher Zukunft. Heilmanns gutes Image gründet sich vor allem auf Ideen und Konzepten, mit denen man sich mehr Freunde macht als Gegner. Es begann, kaum hatte er das Büro seines nur zwei Wochen amtierenden Vorgängers Michael Braun bezogen, mit einem verbraucherschutzpolitischen Vorstoß. Braun hatte gehen müssen, weil er den Vorwurf nicht parieren konnte, dass er als Notar mit dem Verkauf von Schrottimmobilien zu tun gehabt habe. Zwar attestierte ihm der Präsident des Landgerichts später, Braun habe sich im juristischen Sinn nichts zuschulden kommen lassen. Doch im November 2011 war der Eindruck entstanden, Politik und Moral passten bei Braun nicht zusammen.
Heilmann reparierte den Imageschaden an der gerade wieder mitregierenden CDU mit Richtlinien für den Immobilienkauf – und die waren so klar und verständlich formuliert, dass auch Nicht-Juristen damit etwas anfangen konnten. Neuerdings gibt es bei der Staatsanwaltschaft auch einen „Ermittlungskomplex Schrottimmobilien“. Die Bemühungen um Strafverfolgung zeigen, wie Heilmann exekutive Politik versteht: nicht bloß als trockene juristische Richtungsänderung, sondern auch als offensiv zu betreibende Kommunikation: Tu Gutes und rede darüber. Dass der Verbraucherschutzsenator und vierfache Vater die Gelegenheit des ersten Schultages nutzt, um Biobrotboxen an Erstklässler zu verteilen, versteht sich. Jetzt hat Heilmann bei der Gay-Community gepunktet: Bei der Staatsanwaltschaft gibt es nun eine Ansprechpartnerin, die sich verstärkt um die Verfolgung von Angriffen auf Homosexuelle, Bisexuelle und Transsexuelle kümmern soll. Oberstaatsanwalt Ralph Knispel, Vorstand der Vereinigung Berliner Staatsanwälte, lobt Heilmann entschieden für diese Neuerung – zumal es bei der Polizei eine entsprechende Stelle längst gebe. Und Klaus Lederer, Rechtspolitiker der Linken-Fraktion im Abgeordnetenhaus, hebt hervor, was Heilmann nun geschafft habe, sei unter Rot-Rot und der Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) nicht möglich gewesen.
Heilmann wird den Sympathie-Bonus noch brauchen können. Im Gezerre um den Restaurant-Smiley mit der Bundesministerin für Verbraucherschutz wirkten Heilmann und Aigner kommunikativ verwirrt. Vor allem aber blieb Heilmann bislang von der Art Ärger verschont, der Justizsenatoren sonst unvermittelt und unmittelbar trifft: In den Knästen ist es ruhig; aus der Haft entkommen ist schon lange niemand mehr. Was mit Vollzug und mit dem Justizapparat zu tun hat, gehört zu den Härten des Ressorts und kann – von der Aue hat es erfahren, als sie den Medikamentenskandal im Vollzug abarbeitete – dem politischen Kopf des Apparats das Leben sehr schwer machen.
Wo Heilmann justizpolitisch hin will, ist seinen Beobachtern und Kritikern nicht ganz klar. Der Pirat Kowalewski sieht Heilmanns guten Eindruck getrübt durch den Versuch, die Freigrenze beim Hasch-Besitz zu senken. Die liegt bei 15 Gramm – wer mit dieser Menge oder weniger erwischt wird, muss Strafverfolgung nicht befürchten. Im Mai hatte Heilmann angekündigt, er wolle die Grenze auf sechs Gramm senken. Manche halten das für den Versuch, den Konservativen unter den CDU-Wählern zu bedeuten, dass die Partei noch nicht ganz in die linke Mitte gedriftet ist. Schwierig dürfte es für Heilmann auch werden, wenn er mit Finanzsenator Ulrich Nußbaum über die Kosten für das Justizpersonal streiten muss. Es seien pauschale Minderausgaben angekündigt, sagt der Linken-Politiker Klaus Lederer, „aber da ist eine Grenze erreicht“. Und ausgerechnet die CDU habe doch im Wahlkampf stets versichert, in der Innen- und Rechtspolitik nicht sparen zu wollen.
Werner van Bebber
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