Offenhaltung Tegels: Juristen: Mehdorns Idee ist abwegig
Den Flughafen Tegel offenzuhalten, ist nach derzeitiger Rechtslage praktisch unmöglich, meinen Juristen. Und neues Recht zu schaffen, würde Jahre dauern. Dennoch erhält BER-Chef Mehdorn auch Unterstützung für seinen Vorstoß.
Hartmut Mehdorns Satz, man könne Tegel ja auch offenhalten, war wohl eher ein Schuss aus der Hüfte. Die Meinungen von Juristen zu diesem Vorschlag bewegen sich zwischen „völlig abwegig“, „rechtlich unmöglich“ und „theoretisch zwar möglich, aber wirklich nur theoretisch“. Die Planungsbehörden haben nämlich die Schicksale der beiden Airports untrennbar miteinander verbunden. Zudem ist der Verwaltungsakt, mit dem die Entwidmung Tegels beschlossen wurde, ebenso wie der Planfeststellungsbeschluss zum Flughafen BER bestandskräftig, also nicht mehr anfechtbar.
Rechtlich gibt es zwei Möglichkeiten. Einerseits könnte die Entwidmung Tegels widerrufen werden; daran knüpft das Verwaltungsverfahrensgesetz sehr strenge Voraussetzungen. Im Ergebnis hätte man dann aber keinen Single Airport mehr, sondern zwei Flughäfen für Berlin und Brandenburg. „Das käme von der Konzeption her nicht hin“, sagt der frühere FU-Professor Christian Pestalozza. Denn BER bezog seine „Planrechtfertigung“ aus der Schließung Tegels. Auch in den Landesentwicklungsplänen legen sich die beiden Länder auf das Konzept Single Airport fest. Vor dem Widerruf der Entwidmung müssten also die Landesentwicklungspläne geändert werden – schließlich kann keine Behörde etwas beschließen, was im Widerspruch zu ihrem Landesrecht steht. Und: Dann wäre die Standortfrage wieder offen, denn eine Abwägung der betroffenen Interessen wäre wieder nötig. Und sicher würde geklagt. Das würde Jahre dauern. Tegel werde definitiv geschlossen, sagte Baustaatssekretär Christian Gaebler denn auch am Mittwoch im Bauausschuss.
Möglichkeit zwei ist noch abwegiger. Hat Tegel erst einmal planmäßig den Betrieb eingestellt und wollte ihn dann wieder aufnehmen, so wäre ein ganz neues Planfeststellungsverfahren nötig. „Da hätte Tegel in etwa so große Chancen wie eine Startbahn auf der Straße des 17. Juni“, sagt ein Rechtsexperte. Denn dann wäre Tegel ein ganz normales Gelände in der Innenstadt – chancenlos wegen der Lärm- und Umweltbelastung.
Nichtsdestotrotz erhielt Mehdorns Vorschlag Unterstützung, etwa vom früheren Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Auch Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), äußerte sich wohlwollend. Mehdorn habe „den Finger in die Wunde gelegt“. Die Planungen und rechtlichen Grundlagen für BER stammten aus der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Seitdem hätten sich die Passagierzahlen in Berlin verdoppelt, allein im vergangenen Jahr sei das Fluggastaufkommen um gut fünf Prozent gestiegen und damit mehr als doppelt so stark wie in Düsseldorf oder Frankfurt am Main. Amsinck plädierte deshalb dafür, einen Weiterbetrieb Tegels für den „Geschäftsflugverkehr“ zu prüfen. Allerdings: Ein Betrieb Tegels nach der Inbetriebnahme des BER sei nicht mit dem derzeitigen Planungsrecht vereinbar.
Alfons Frese, Fatina Keilani