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Strafanstalten: Jugendknast so leer wie nie

Die Gefangenenzahlen von Berliner Jugendgefängnissen sind stark gesunken. Mit der Entwicklung sind alle zufrieden; begründen kann sie keiner.

Jahrelang waren die Jugendgefängnisse überfüllt, jetzt ist das Gegenteil der Fall: Der Belegungsstand ist so niedrig wie lange nicht mehr. Gab es in der Jugendstrafanstalt in Plötzensee im Februar 2007 noch 633 Gefangene, so sind es derzeit nur 450. Besonders deutlich ist die Entwicklung bei den Untersuchungshäftlingen: Statt 207 im Jahr 2007 warten derzeit nur 97 auf ihren Prozess. In Strafhaft sitzen derzeit 349 statt früher 430.

Mit der Entwicklung sind alle zufrieden; begründen kann sie keiner. „Eine zuverlässige wissenschaftliche Erklärung gibt es nicht“, sagt Michael Kanert, Sprecher von Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD). Allenfalls auf die Demographie oder die „geburtenschwachen Jahrgänge“ verweisen Befragte: Die Jugend ist nicht gesetzestreuer geworden, sondern bloß weniger zahlreich. Der Leiter der Jugendstrafanstalt, Marius Fiedler, freut sich: „Wir sind endlich bei den Zahlen angekommen, für die wir ausgelegt sind. Endlich hat jeder einen Haftraum und einen Arbeitsplatz.“ 534 Haftplätze hat die Anstalt insgesamt.

Demgegenüber platzt die Jugendarrestanstalt aus allen Nähten. Auch deshalb strukturiert die Justizverwaltung um. Kanert: „Wir wollen die Untersuchungshäftlinge aus Lichtenrade auch in Plötzensee unterbringen, dann sind alle beisammen.“ Die Zahl der Arrestplätze soll durch einen Erweiterungsbau von 30 auf 60 erhöht werden. Der Plan ist politisch umstritten, weil die Häftlinge, die drogenabhängig sind, in Gegenzug nach Lichtenrade verlegt werden sollen. Dagegen wehren sich Anwohner.

Der Arrest ist ein Zuchtmittel und quasi die Vorstufe zur Haft. „Es wäre ja schön, wenn die Arrestverhängung dazu führen würde, dass der Jugendstrafbereich zurückgeht“, so Kanert. Je nachdem, wie es mit den Jugendlichen weitergeht, kann es aber auch sein, dass sie beim nächsten Mal als Häftlinge wiederkommen.

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