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Vor dem letzten Akt: Jubiläumsfest im Theater am Kurfürstendamm

Nach 90 Jahren am Kurfürstendamm muss das traditionsreiche Theater im neuen Jahr umziehen – ein Ausweichstandort ist offenbar in Sicht.

Boulevardtheater ist ein bodenständiges Vergnügen – das soll auch das Jubiläumsfest im Theater am Kurfürstendamm zeigen. Vor 90 Jahren, am 8. Oktober 1921, wurde das Haus eröffnet. Gefeiert wird allerdings erst am Ferienende in einer Woche. „Wir planen keine Edelgala für Prominente, sondern wollen mit dem Publikum feiern“, betont Intendant Martin Woelffer. Am 16. Oktober lädt die Bühne zum Tag der offenen Tür ein. Dann will Woelffer im Gespräch mit Darstellern und Regisseuren auch neue Inszenierungen vorstellen. „Fragen des Publikums sind ausdrücklich erwünscht“, sagt er.

Davon dürfte es so einige geben, und vermutlich nicht nur zum Programm. Denn die Jubiläumsfeier dürfte die letzte sein im historischen Saal: Nach der Spielzeit 2011/2012 – also ab kommendem Sommer – will der irische Investor Ballymore das Ku’damm-Karree nach Plänen des Architekten David Chipperfield für eine halbe Milliarde Euro umbauen. Laut einem Kompromiss mit Woelffer müssen das Theater und die benachbarte Komödie am Ku’damm einer Ladenpassage weichen. Dafür ist ein neues Theater mit 650 Plätzen in der dritten Etage und einem Eingang unten am Boulevard geplant. Der Vertrag soll 20 Jahre lang gelten.

Noch immer aber fehlt eine Ersatzspielstätte für die mehrjährige Umbauzeit: „Es gibt keinen Ort und keine Finanzierung“, sagt Woelffer. Das Angebot des Filmproduzenten und Immobilienunternehmers Artur Brauner, nebenan im Hof eines seiner Gebäude zu spielen, habe sich als ungeeignet erwiesen.

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hofft nun auf ein Parkhaus an der Ecke Konstanzer und Westfälische Straße, das der Deutschen Rentenversicherung gehört. Diese hat allerdings noch nicht reagiert. Investorensprecher Armin Huttenlocher glaubt jedenfalls an eine rasche Lösung: „Wir hoffen, die Ersatzspielstätte im Herbst bis Winter zu finden.“ Dank Bemühungen der Kulturverwaltung gebe es einen weiteren vielversprechenden Ort, den er aber nicht nennen könne.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie das Theater am Ku'damm zu einem der erfolgreichsten deutschen Boulevardtheatern wurde.

Baupläne spielten schon immer eine spezielle Rolle in der Geschichte des Theaters. 1921 war die Bühne mit dem Stück „Ingeborg“ von Curt Goetz und Adele Sandrock als Hauptdarstellerin eröffnet worden. Mehr als die Inszenierung lobten Zeitungen jedoch das Werk des berühmten Theaterarchitekten Oskar Kaufmann, der später auch die Komödie am Ku’damm gestaltete.

Unter Max Reinhardt wuchsen die Theater dann zusammen. Die Theatergeschichte der Familie Wölffer reicht lange zurück – Martin Woelffer schreibt seinen Nachnamen absichtlich etwas anders als der Rest der Familie und wollte lange Zeit gar nicht Theaterleiter werden. 1935 hatte Hans Wölffer die Bühnen übernommen – bis die Nazis diese 1942 verstaatlichten. 1948 wurde das Theater am Kurfürstendamm zum Kino, und von 1949 bis 1962 war es die Spielstätte der Freien Volksbühne. Dann übernahm erneut Hans Wölffer, der die Komödie bereits seit den 50er Jahren wieder führte. Die Häuser wurden die erfolgreichsten deutschen Boulevardtheater. Zur langen Reihe der Stars, die im Theater am Kurfürstendamm aufgetreten sind, gehören Jochen Busse, Winfried Glatzeder, Brigitte Grothum, Edith Hancke, Johannes Heesters, Christoph Maria Herbst, Harald Juhnke, Inge Meysel, Brigitte Mira, Bastian Pastewka, Günter Pfitzmann, Otto Sander und Georg Thomalla.

Ursprünglich waren die Theater freistehende Häuser – bis in den 70er Jahren rundherum das Ku’damm-Karree entstand. Dessen geplante Neugestaltung geriet zur Zitterpartie: 2003 kaufte ein Fonds der Deutschen Bank das Gebäudeensemble, plante ein Shoppingcenter und kündigte den Theatern. So wurde Martin Woelffer zum krisenerprobten Chef. 2004 übertrug ihm sein Vater Jürgen die Geschäftsführung beider Bühnen mit rund 80 Mitarbeitern.

Es folgten Investorenwechsel und starke Proteste gegen den Abriss der Säle, die in einem Bürgerentscheid im vorigen Januar gipfelten. Weil sich daran aber zu wenige Bürger beteiligten, scheiterte der Verein „Rettet die Ku’damm-Bühnen“ mit seiner Forderung, die Bühnen unverändert zu erhalten. Nun also kommen Jubiläumsfeier, Umzüge und Neubeginn.

Zum Jubiläum verschenkt das Theater am Kurfürstendamm am Sonnabend 90-mal zwei Karten für die „Kalender Girls“-Vorstellung am selben Tag. Die Tickets gehen an die ersten Anrufer, die ab 11 Uhr die Telefonnummer 885 911 56 wählen. Details zum Jubiläumsfest unter www.theater-am-kurfuerstendamm.de.

Cay Dobberke

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