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Kein Zutritt. In Berlins Bürgerämtern muss man noch immer wochenlang auf einen Termin warten – beispielsweise zur Passverlängerung.
© Doris Spiekermann-Klaas

Bürgerämter in Berlin: Jetzt gibt's Termine nicht mal mehr gegen Geld

Wer in Berlin einen Termin beim Bürgeramt will, muss Monate warten. Immerhin: Der umstrittene Online-Handel mit Sprechzeiten in Bürgerämtern wurde eingestellt – zumindest vorerst.

Der Kleinkrieg ist jetzt erst mal beendet. Aber für Berlins Bürger, die einen Pass verlängern oder Personalausweis neu beantragen wollen, hat sich damit so gut wie nichts verbessert. Die Rede ist von der monatelangen Auseinandersetzung: des Senats und der Bezirke mit dem umstrittenen Onlineportal www.buergeramt-termine.de. Seit Sommer dieses Jahres half diese Terminbörse mit einem ausgeklügelten System bei der Suche und Buchung von Vorsprechzeiten innerhalb der nächsten zwei bis fünf Werktage in den völlig überlasteten Bürgerämtern – allerdings gegen Cash. Diesen Online-Handel hat der Senat nun mit einem digitalen Trick erheblich erschwert. Das Portal stellte seinen Betrieb inzwischen ein.

Das IT-System der Behörden erhielt eine detektivische Software, mit der es offenbar relativ sicher feststellen kann, ob eine Abfrage von einem Menschen oder von Abfragecomputern ausgeführt wird. Im letzteren Falle werden optische Hürden geschaltet: sogenannte Captchas, wie sie auch Banken nutzen. Dabei handelt es sich um eine Folge von Ziffern und Buchstaben, die nur das menschliche Auge, aber kein Computer erkennen kann. Man muss diese Folgen in einem Feld bestätigen, geschieht das nicht, wird der Termin dem Abfrager verweigert.

Hintergrund des heftigen Streits ist, wie berichtet, die Aussichtslosigkeit, in den Bürgerämtern einen Termin in absehbarer Zeit zu finden. Man kann zwar über die Online-Buchung der Behörden berlinweit in allen 44 Bürgerämtern suchen, da es keine bezirklichen Zuständigkeiten mehr gibt – aber das hilft auch nicht weiter. Bei einem Test des Tagesspiegels am Dienstag gab es zur Passverlängerung bis Ende Februar keinen freien Termin. Und das Bürgertelefon 115, das gleichfalls Zeiten vermittelt, war nonstop besetzt.

Angesichts dieser Situation gründeten drei junge Männer Mitte 2015 das Onlineportal, dessen Computer im Auftrag von Kunden ununterbrochen Suchanfragen stellten, um kurzfristig frei werdende nahe Termine in nicht allzu weit entfernten Ämtern aufzutreiben. Für 25 bis 45 Euro, je nach Zeitspanne.

Allerdings stieß auch ihr Geschäftsmodell auf heftige Kritik. Bürger empfanden es als Abzocke, aus Not werde Profit gemacht. Die Innenverwaltung wollte juristisch dagegen vorgehen, man fand aber keine Rechtsgrundlage. Es gab danach mehrere Versuche, das Portal zu blockieren, aber erst jetzt scheint dies zu funktionieren. Das Team von „buergeramt-termine.de“ kontert: Statt auf diese Weise „Kräfte zu verplempern“ sollte der Senat mehr Personal für die Ämter einstellen und Arbeitsabläufe optimieren.

Eine Forderung, die zumindest teilweise bald erfüllt wird: Wenigstens 36 neue Stellen soll es bis Juni 2016 geben. Und im Frühjahr will die Innenverwaltung Technik und Organisation der Bürgerämter in vier Bezirken begutachten.

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