Gebietsreform in Brandenburg: Jetzt geht es um 80 000 Unterschriften
Fürs Volksbegehren gegen die Brandenburger Kreisreform beginnt die zweite Phase. Die Bürger müssen sich bewegen – ins Amt.
In Brandenburg ist jetzt das Volksbegehren gegen die von der rot-roten Landesregierung geplante Kreisgebietsreform gestartet. Die Initiatoren von CDU, FDP und Freien Wählern zeigten sich zum Auftakt am Dienstag in Potsdam zuversichtlich, dass bis Februar die erforderlichen 80 000 Unterschriften zusammenkommen, um so einen Volksentscheid über das Projekt zu erzwingen. Es wäre der erste seit der 1996 geplatzten Länderfusion mit Berlin. Rückendeckung kam von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die am Dienstagabend auf einer Wahlkundgebung in Brandenburg an der Havel erwartet wurde. Der Termin war auf den Start des maßgeblich von der Landes-CDU getragenen Volksbegehrens abgestimmt.
Zwar war es bislang vor allem die Union, die in vielen Bundesländern Kreisgebietsreformen durchsetzte. Doch hatte Merkel bereits auf einem Landesparteitag 2016 den Kurs der Brandenburger CDU unterstützt, die rot-rote Reform zu stoppen. „Strukturreformen dürfen nicht Zentralismus sein, sondern sie müssen vom Vertrauen in die lokalen Ebenen geprägt sein“, sagte Merkel damals.
Die Bürger müssen ins Amt
In der ersten Runde hatte die Volksinitiative „Kreisreform stoppen“ in kurzer Zeit rund 129 000 Unterschriften gesammelt, wobei 20 000 Unterschriften gereicht hätten. Auch deshalb setzen die Initiatoren darauf, nun die erforderlichen 80 000 zu schaffen. Allerdings werde das schwieriger, da nicht auf der Straße gesammelt werden dürfe, sagte der frühere Prignitzer Landrat Hans Lange (CDU). Er ist Chef des Vereins „Bürgernahes Brandenburg“, der die Kampagne organisiert. „Jetzt liegt die Initiative beim einzelnen Bürger, die amtliche Unterschrift zu leisten.“ Und zwar in rund 300 Rathäusern und Gemeindeämtern im Land. Nach Langes Worten startete das Volksbegehren am Dienstag landesweit mit etwa 20 Veranstaltungen. Eine aufwendige Werbekampagne sei nicht geplant, auch aus Kostengründen. Wie Lange sagte, habe er die Regierung angeschrieben, um eine Mitfinanzierung gebeten, auch wenn es dafür „keine Rechtsgrundlage gebe“. CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben betonte, dass es um einen Neustart gehe, damit „auf Augenhöhe zwischen kommunaler Familie und Landespolitik“ über die Zukunft Brandenburgs verhandelt werden könne. „Es geht uns nicht darum, nur Nein zu sagen.“ FDP-Vizelandeschef Hans-Peter Goetz sagte, das einzig Überraschende in den letzten Monaten sei, „mit welcher Beratungsresistenz die Landesregierung an der Reform festhält.“
Potsdam als einzige kreisfreie Stadt
Im Vorfeld hatte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) erneut für die Reform geworben, nach der es in Brandenburg künftig noch neun Kreise und Potsdam als einzige kreisfreie Stadt geben soll. Bislang hat Brandenburg 14 Kreise sowie vier kreisfreie Städte: Brandenburg an der Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) sollen diesen Status verlieren. Die Reform sei nötig, „um dann für sehr viele Jahrzehnte leistungsfähige Verwaltungen zu haben“, sagt der Innenminister.
Die beiden ersten Reformgesetze - zur Kreisneugliederung und zur Übertragung von Landesaufgaben an Kreise - sollen nach Anhörungen und Beratungen im November vom Landtag beschlossen werden. Er gehe davon aus, dass es bei diesem Fahrplan bleibe, sagte Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers. Er betonte, dass die Verwaltungsreform nur ein Baustein sei, um das Land auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zukunftsfest zu machen. Parallel werde eine neue Mobilitätsstrategie vorgelegt und der Landesentwicklungsplan so überarbeitet, dass die ländlichen Räume gestärkt würden.
Nach dem Erfolg eines Volksbegehrens käme es – ähnlich wie in Berlin zum Flughafen Tegel – zu einem Volksentscheid. Für einen Erfolg müssten dann 500 000 Brandenburger gegen die Kreisreform votieren, falls sie nicht vorher abgeblasen wird.