zum Hauptinhalt
Am Wind. Zugegeben, auf dieser Radtour ist man ständig verführt, ein Päuschen einzulegen. Aber an und auf der Havel ist es einfach zu schön. Etwa im Gutspark Kladow, wo man vom Café der Guthmannschen Villa aus einen herrlichen Blick auf die Segler hat.
© dpa / Pilick

Stadtsafari - Sommerliche Entdeckertouren in Berlin (4): Jetzt fahr'n wir übern See

Lust auf eine Radtour links und rechts der Havel? Von Wannsee nach Kladow und Sacrow bis nach Babelsberg? Machen Sie einen Ausflug übers Wasser zu Schlössern und Parks. Denn gottseidank gibt's ja Fähren...

Das Spalier aus Seifenblasen lässt sich die Radlergruppe aus Amsterdam nicht entgehen. Im Handumdrehen stellen sich die Frauen und Männer mit ihren schicken Rädern in Position, um diesen farbenfrohen Moment im Foto festzuhalten. „So eine Überraschung wäre ja nun wirklich nicht nötig gewesen“, ruft ein Mann um die Vierzig ins weite Parkrund. Doch der eigentliche Adressat des Seifenblasenregens ist ein Brautpaar, das aus einem Cabrio steigt zur Trauung an einem ganz besonderen Ort.

Das Kirchlein am Ufer.

Kaum irgendwo in der Region lässt sich ein schönerer Platz für eine Hochzeit finden als die Heilandskirche Sacrow direkt an der Havel. Dazu passen die vielen Seifenblasen, die pausenlos aus kleinen Automaten hinter den Büschen am Wegesrand sprudeln. Die Radler stehen Spalier bis zur Kirche, reißen ihre Vorderräder weit nach oben und jubeln. Während die Gruppe aus Holland eine organisierte Tour auf dem Mauerradweg nach Sacrow führte, hält sich die Zahl der individuellen Radler auf der Potsdamer Havelseite eher in Grenzen. Oft stehen sie am Berliner Ufer in Höhe des Wirtshauses Moorlake oder etwas südlich davon – durchaus sehnsuchtsvoll mit dem Blick auf die Sacrower Heilandskirche. Eine Brücke aber gab es hier nie; Pläne dazu wurden schon nach dem ersten Weltkrieg endgültig abgelehnt.

Das schwimmende Taxi.

Während der Teilung mit Mauer und Stacheldraht lag Sacrow mit Heilandskirche und Schloss im DDR-Sperrgebiet. Die einstigen Schmuckstücke erhielten tiefe Narben, nur um Fluchten über die Havel unter allen Umständen zu verhindern. Für die Wachhunde, die entlang der Grenze an langen Stahlseilen Tag und Nacht angekettet waren und bei der Annäherung von Flüchtlingen Alarm schlagen sollen, bestand im Schlosspark eine große Station. Fast vergessen ist das heute. Auch der Zoll bildete hier Hunde zum Schnüffeln an den Grenzübergängen aus. Unterdessen trieben die Grenzer in der Kirche ihr Unwesen, einem Gebäude, das ohnehin dem Verfall preisgegeben war. Noch vor der Maueröffnung stellte unter anderem die Tagesspiegel-Stiftung Geld für die Dachreparatur zur Verfügung. Sonst hätte sich die Restaurierung nach der Wende möglicherweise gar nicht mehr gelohnt.

Heute ist selbst die Havel keine ernsthafte Barriere mehr für Ausflügler. Denn zwischen Sacrow und dem Krughorn am Park Glienicke verkehrt bis zu sechsmal täglich ein Wassertaxi. Das sind nicht nur kleine Boote, sondern richtige Fahrgastschiffe mit viel Platz für Fahrräder. Die verkehren zwischen dem Templiner See, dem Potsdamer Zentrum, Cecilienhof und der Glienicker Brücke bis eben nach Sacrow. Erst diese Verbindung macht die heute empfohlene Radtour möglich, sonst wäre ein rund 25 Kilometer langer Umweg nötig. Ein Fahrschein kostet 3,50, fürs Rad zahlt man zwei Euro.

Des Königs Bänklein.

Sacrow selbst ist trotz der gelegentlich stattfindenden Trauungen vor allem ein Ort der Ruhe. Für ein Picknick oder einen Platz zum „Schiffe gucken“ gibt es kaum eine bessere Empfehlung. Die beste Aussicht bietet die vor einigen Jahren instand gesetzte Römische Bank direkt an der Havel, die einst Ludwig Persius im Auftrag von Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. nach antikem Vorbild entworfen hatte. „Wir haben das kleine Schauspiel mit den Holländern und den Seifenblasen schon verfolgt und gelacht“, meint eine junge Frau, die es sich unter einem Schirm mit ihrem Kind und ihren Eltern bequem gemacht hat. „Eine Radtour, die könnte man hier wirklich mal probieren.“ Ihr Vater zählt gleich die wichtigsten Punkte rundherum auf: Schlosspark Babelsberg, Flatowturm, Glienicker Brücke und Belvedere auf dem Pfingstberg. Alle Ziele sind zwar nicht auf dieser Radtour zu schaffen, aber mit der Glienicker Brücke und dem Schlosspark Babelsberg liegen zumindest zwei lohnenswerte Sehenswürdigkeiten an der Strecke. Auch der Park Babelsberg hatte sehr unter der Grenzziehung gelitten. Nach dem Mauerfall mussten die ursprünglichen Wege unter der zugewachsenen Oberfläche buchstäblich mit den Händen ausgraben werden.

Noch ein Aussichtspunkt, diesmal im Park Babelsberg. Wer den Flatowturm auf der Anhöhe jenseits des Schlosses erklimmt, kann über Blüten, Bäume und Wasser hinweg nach Berlin rüberschauen.
Noch ein Aussichtspunkt, diesmal im Park Babelsberg. Wer den Flatowturm auf der Anhöhe jenseits des Schlosses erklimmt, kann über Blüten, Bäume und Wasser hinweg nach Berlin rüberschauen.
© dpa

Längst gehört die Wiese unter dem 99-Zimmer-Schloss von Kaiser Wilhelm I., das seit längerem umgebaut wird, zu den schönsten Aussichtsplätzen weit und breit. Die Glienicker Brücke scheint zum Greifen nah. Und: Falls Kinder oder Enkel nun ungeduldig werden: Mit dem Strandbad Babelsberg wartet für alle an schönen Tagen ein erfrischender Abschluss dieser Tour.

>> Hier geht's zur Karte mit der Route.

Zur Startseite