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Überschuldung in Berlin: Jeder Achte kann seine Rechnungen nicht zahlen

Hunderttausende Berliner sind überschuldet. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg will nun seine Angebote für Hilfe und Prävention verbessern.

Es gibt Hoffnung für Berlins Schuldner. Zumindest für jene in Tempelhof-Schöneberg. Zwar arbeitet der Bezirk in Sachen Schuldnerberatung schon gut mit der Verbraucherzentrale Berlin zusammen, jetzt soll das aber noch besser werden. Ein am Freitag unterzeichneter Kooperationsvertrag ermögliche beispielsweise eine enge Vernetzung mit dem Jobcenter, sagte die Bezirksstadträtin für Soziales, Sibyll Klotz (Grüne). „Viele Menschen kann man nur wieder in Arbeit bringen, wenn auch die übrigen Rahmenbedingungen in Ordnung sind“, sagte sie. Dazu gehöre auch eine drohende Schuldensituation.

Tempelhof-Schöneberg hat gut 30 000 überschuldete Bürger, sagte der Leiter der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale, Oliver Rieck, fast 9000 Beratungen habe es allein im Jahr 2012 gegeben. „5304 davon waren sogenannte Einmalberatungen“, sagte Rieck. „Und mehr als die Hälfte der Beratenen waren ALG II-Empfänger.“ Arbeitslosigkeit sei der Hauptauslöser für Überschuldung, gefolgt von Scheidung oder Trennung – das gelte für ganz Berlin. Am höchsten verschuldet seien die Menschen in Wedding, mit 18,36 Prozent könne fast jeder sechste Erwachsene seine Rechnungen nicht mehr bezahlen, es folgen Tiergarten und Neukölln. Die wenigsten Schuldner, nur 7,1 Prozent, leben in Zehlendorf.

Insgesamt wurde Berlin auch 2012 seinem Ruf als Schuldenhauptstadt gerecht, sagte Ricke. „Mit 12,56 Prozent von knapp drei Millionen Erwachsenen sind etwa 370 000 Berliner überschuldet. Nur in Bremen ist es noch schlimmer.“ Viele Betroffene schafften es nicht, allein aus der Schuldenfalle zu kommen, sagte Eva Bell vom Vorstand der Verbraucherzentrale. Bemühungen um außergerichtliche Lösungen würden oft an den Gläubigern, unter anderem an Banken, scheitern. Der Aufwand für die Betreuung der Schuldner wachse ständig: „Wenn jemand hundert Gläubiger hat, müssen eben hundert Gläubiger angeschrieben werden.“

Auch deshalb fordert Sibyll Klotz seit langem mehr finanzielle Mittel für eine präventive Schuldnerberatung: „Man müsste beispielsweise verstärkt an die Schulen gehen. Dort wächst die nächste Schuldnergeneration heran. Wenn man den jungen Menschen rechtzeitig klarmacht, wie schnell sie beispielsweise durch Handyverträge in die roten Zahlen geraten können, wäre schon viel gewonnen.“ Sandra Dassler

Sandra Dassler

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