Nachfolger für Klaus Wowereit: Jan Stöß, Raed Saleh, Michael Müller - Schaulaufen der Kandidaten
Beim Fest der Sozialdemokraten am Lietzensee präsentiert sich ein entspannter Klaus Wowereit. Die drei möglichen Nachfolger Jan Stöß, Raed Saleh und Michael Müller nutzen die Gelegenheit, für sich zu werben.
So sieht ein tiefenentspannter Regierender aus: Jeans, königsblaues T-Shirt, blaue Slipper und die Sonnenbrille lässig am Kragen hängend. Klaus Wowereit war der erste SPD-Promi, der am Sonnabendnachmittag das Lietzenseefest der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf besuchte. Wowereit ist auf Abschiedstour und strahlt beste Laune aus. Die Leute wollen Fotos mit ihm, er lacht, er schäkert und unterschreibt Autogramme auf SPD-Fähnchen. Seit seinem angekündigten Rücktritt am 11. Dezember seien „die Leute irgendwie netter zu mir“, spricht er ins Mikrophon auf der Tribüne. Ein „bisschen Wehmut“ sei schon dabei. Aber jetzt habe man drei gute Nachfolgekandidaten: Fraktionschef Raed Saleh, Parteichef Jan Stöß und Stadtentwicklungssenator Michael Müller.
Auch wenn Wowereit sich nicht äußert, wen er von den dreien am geeignetsten hält, kann man eine Präferenz heraushören. Er habe „immer gut mit Michael Müller zusammengearbeitet“. Müller habe „Regierungserfahrung“ und sei verantwortlich für ein großes Ressort.
Das unterstreichen beim Fest übrigens viele SPD-Mitglieder. „Ich glaube, das Rennen wird zwischen Stöß und Müller ausgetragen“, lautete fast unisono die Antwort auf die Frage, wer die besten Chancen habe. Das Schaulaufen der Kandidaten ist an diesem Sonnabend auch auf Parteifesten in anderen Bezirken angesagt.
Kurz nach Wowereit lässt sich Michael Müller am Lietzensee blicken. Müller – schwarze Turnschuhe, schwarze Jeans, blaues T-Shirt – sagt: „Die zwei, drei Tage bis zu meiner Entscheidung über eine Kandidatur waren mir wichtig, jetzt bin ich mit mir im Reinen.“ Er freue sich auf die Entscheidung der Mitglieder. Dann schlendert er an den Ständen entlang. Viel Zeit hat er nicht, in seinem Kreisverband wartet ein weiteres Fest. Nicht so leger wie Wowereit und Müller erscheint Parteichef Jan Stöß: schwarzer Anzug, blaues Hemd. „Es ist gut, dass es verschiedene Kandidaten gibt“, sagt er. In der SPD gebe es eine Zäsur, jetzt stelle sich die Partei neu auf.
Gegen 17 Uhr trifft dann auch der dritte Kandidat ein: Fraktionschef Saleh – schwarze Hose, graues Sakko, weißes Hemd – war zuvor noch auf einem anderen Fest. Er habe schon viele interessante Gespräche an diesem Tag geführt, sagt Saleh. Wegen seiner Kandidatur sei er zuversichtlich: „Die Partei ist reif für einen Bürgermeister mit Migrationshintergrund und eine Stadt wie Berlin ist es sowieso.“
Während also in einigen Bezirken die SPD-Genossen feierten, war die Stimmung im Kreisverband Marzahn-Hellersdorf nicht gerade ausgelassen. Vor der Erklärung von Wowereit, am 11. Dezember von seinem Amt als Regierender Bürgermeister zurückzutreten, hatte der Kreisvorsitzende und Bezirksbürgermeister Stefan Komoß gefordert, Wowereit müsse sich 2014 über seine politische Zukunft erklären. Komoß werden Ambitionen nachgesagt, Senator zu werden. Im Schattenkabinett des SPD-Kandidaten Stöß sei er gesetzt, hieß es.
Gestern Abend nun sollte Stöß auf Vorschlag von Komoß vor Kreisdelegierten das Verfahren der Mitgliederbefragung erklären und dort sprechen. Doch der geschäftsführende Kreisvorstand beschloss am Freitag, Stöß nicht einzuladen. Das sei eine Bevorteilung gegenüber den anderen Kandidaten, hieß es.
Die 17 000 Berliner SPD-Mitglieder werden ab dem 15. September gleich zwei Mal Wahlunterlagen erhalten. Das Verfahren soll verhindern, dass der Landesparteitag am 8. November einen nur von kleineren Teilen der Basis befürworteten Kandidaten für die Wowereit-Nachfolge bestimmt.
Schon am heutigen Sonntag folgt das nächste Fest am Lietzensee: Der Verein „Bürger für den Lietzensee“, dessen Mitglieder ehrenamtlich den Park pflegen, feiert sein zehnjähriges Bestehen – von 11 bis 18 Uhr unterhalb der evangelischen Kirche an der Herbartstraße 4–6 im südlichen Teil.