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Schalter geschlossen. Kein ungewohntes Bild in Berlin.
© dpa

Leserdebatte: Ist Berlin eine Service-Wüste?

Pampige Kellner, lange Wartezeiten und andere Zumutungen: Touristen lieben Berlin und verzeihen wohl deshalb manches Ärgernis. Und welche Erfahrungen haben Sie in Berlins Service-Landschaft gemacht, liebe Leserinnen und Leser? Diskutieren Sie mit!

Die Kellnerin im Sushi-Restaurant hat total schlechte Laune und macht daraus keinen Hehl. Da sieht sie so gut aus, und statt Filmstars kommen nur Gäste mit nervigen Fragen. Sehen die denn nicht, dass sie bergeweise dreckige Teller in die Küche verfrachten muss? Unwirsch kommt sie nach mehrfachem Winken angerauscht, um das Konzept der Preise zu erklären. Die Frage nach den auf dem Laufband fehlenden Desserts gibt ihr offenbar den Rest. Wütend verschwindet sie mit ihrem Teller-Stapel in der Küche.

Die amerikanischen Freunde, die wir mitgebracht haben, können es nicht glauben. Der Sushi-Meister schließlich erbarmt sich und sucht sie. Schließlich bringt sie mürrisch zwei Tellerchen mit Obstsalat, die allerdings längst nicht so appetitlich glänzen wie auf dem Bild auf der Karte und auch nicht so aufwendig angerichtet sind. Nur mal so, um die Reaktion zu testen, werfen wir am Ende doch einen kleinen Obolus in den Trinkgeldbehälter, nachdem sie unser Geld ohne Dank einkassiert hat. Sie schaut total verblüfft – zu Recht!

Definitiv wäre sie ein Fall für ein Programm des Hotel- und Gaststättenverbandes Berlin. Der bot erstmals 2010 ein Seminar mit dem Titel „Culture Training“ an, in dem Mitarbeiter anderer Länder Sitten studieren können. Es geht darum, den Gästeservice professionell an verschiedene Kulturen und Nationalitäten anzupassen. Die Identifizierung eigener kultureller Merkmale gehört dazu, aber auch die Erörterung verschiedener Gästekreise. Es beginnt mit den Skandinaviern und den Schweizern, dann geht es weiter zu Chinesen und Japanern, zu Amerikanern und Briten und schließlich zu Italienern. Dos und Don’ts spielen eine Rolle, aber auch das Beschwerdeverhalten.

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Wenn ein paar Dos beachtet würden, könnte sich das nachhaltig lohnen. Zufriedene Amerikaner zum Beispiel sind es gewöhnt, 15 bis 20 Prozent Trinkgeld zu geben, weil die Kellner in den USA vom Restaurant kaum einen Grundlohn bekommen und sich überwiegend über Trinkgeld finanzieren. Entsprechend ist deren Einsatz, denn das Ziel ist, möglichst viel Trinkgeld einzufahren. Sie denken mit, sie fühlen sich ein. Europäern kommen sie manchmal zu präsent vor.

Überzeugte Europäer, die unter Umständen gern den ganzen Abend im Restaurant vertrödeln, dürften in manchem Lokal in touristisch gut frequentierten Berliner Gegenden glücklich werden. Obwohl die amerikanischen Gäste zu erkennen geben, dass sie noch Termine haben, dauert es in einem hiesigen In-Lokal gefühlte Ewigkeiten, bis das Essen kommt, die leeren Teller abgeräumt sind und die Rechnung anreist. Niemand fragt, ob noch Kaffee gewünscht wird. Auch das stößt bei amerikanischen Touristen auf Unverständnis.

Die heile Welt, die sich in den erfreulichen Zahlen des Touristenportals Visit Berlin spiegelt, ist nicht immer so heil. In einem Clubrestaurant immerhin weiß man, wie solche Gäste behandelt werden sollten. Das Personal spricht mit ihnen in fließendem Englisch, schenkt besonders den Kindern viel Beachtung, bringt Gratisproben, inszeniert die Gerichte mit einer kleinen Erklärungs-Show. Nur am Ende behält der Service das Trinkgeld und die Rechnung einfach ein. Wahrscheinlich bauen die Kellner darauf, dass solch ein häufiger in gehobenen Restaurants zu beobachtendes Fehlverhalten als typisch deutsche Sitte durchgeht. Zu Unrecht!

Haben Sie ähnlich schlechte Erfahrungen in Berlin gemacht, liebe Leserinnen und Leser? Machen Sie mit bei unserer Leserdebatte und schildern Sie uns, was Sie in Berlins Service-Landschaft erlebt haben! Nutzen Sie zum kommentieren die einfach zu bedienende Kommentarfunktion etwas weiter unten auf dieser Seite.

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