Bauprojekt in Berlin-Kreuzberg: Investor wirft grünem Stadtrat rechtswidriges Verhalten vor
Seit Jahren komme das Projekt "Xberg-Tower" nicht voran, klagt Investor Gröner. Schuld sei Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt.
Das Tischtuch ist zerrissen, der Gesprächsfaden auch. Und nun hängt auch noch dieses Großplakat am ehemaligen Postbankturm in Kreuzberg. „Hier verhindert Rot-Rot-Grün (Friedrichshain-Kreuzberg) 623 Wohnungen... Der Berliner Senat sieht zu". Christoph Gröner, Berlins schillerndster Investor, liebt den großen Auftritt. Wo andere Gerichte bemühen, wenn sie sich von der Politik betrogen fühlen, nutzt Gröner die Bühne der Öffentlichkeit.
Sein Prestigeprojekt am Halleschen Ufer, der „XBerg-Tower“ mit Apartments für die digitale Bohème nebst Neubauten für Gewerbe und Mietwohnungen, werde vom zuständigen Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) blockiert, erklärte Gröner am Dienstag. Schmidt halte sich nicht an Vereinbarungen, lasse Fristen verstreichen und hindere seine Fachabteilungen daran, ihre Arbeit zu machen. „Wir klagen an“, sagt Gröner pathetisch, erweitert den Kreis der Beschuldigten aber auch auf die Medien, die ihn fälschlich als „superreichen“ Investor darstellten, dem es nur ums Geld gehe.
Den Part des Anklägers überlässt Gröner dann seinem Vorstandskollegen Jürgen Kutz. Der spricht von Kreuzberg als einer „baugesetzlichen Exklave“. Seit Schmidt das Bauamt 2016 übernommen hat, komme das Projekt nicht mehr voran. Kutz wirft Schmidt vor, „rechtswidrig zu operieren“ und in der Öffentlichkeit falsche Zahlen zu verbreiten. Schmidt habe eine Bauvoranfrage, die von der zuständigen Fachabteilung positiv beschieden wurde, auf negativ gestellt. Davon habe sich der Amtsleiter in einem Schreiben an Schmidt distanziert. In einem anschließenden Widerspruchsverfahren wies die Senatsverwaltung den Bezirk an, den Bescheid wieder auf positiv zu stellen. In einem anderen Fall habe Schmidt angewiesen, eine fertig gestellte Baugenehmigung zurückzuhalten.
Bezirksverordnete brachten Gröner zur Weißglut
Mit dem Postbankturm hatte sich schon Schmidts Vorgänger, Hans Panhoff, befasst. Weil Gröner zugestimmt hatte, sich dem Berliner Modell zu unterwerfen, also eine Kita und Sozialwohnungen zu bauen, war Panhoff grundsätzlich mit dem Projekt einverstanden. Doch den Verordneten im Stadtplanungsauschuss reichten die Zugeständnisse Gröners nicht. Statt 25 Prozent forderten sie einen 30-prozentigen Anteil von Sozialwohnungen, zweifelten Gröners Berechnungen an und brachten den Investor zeitweise zur Weißglut. Auch jetzt sind es vor allem die Bezirksverordneten im Ausschuss, die Gröners Projekt ablehnen.
Indirekt bestätigt das auch Gröner. Dennoch hat er vor allem Schmidt im Visier. Er wirft dem Baustadtrat vor, erst Kompromisse auszuhandeln, sie anschließend in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) aber nicht durchzusetzen. Das Zerwürfnis, das jetzt zum Abbruch der Gespräche führte, begann laut Schmidt im Januar 2018, als Gröner plötzlich die Bürofläche von 36 auf 50 Prozent erhöhen wollte, wegen „veränderter Marktbedingungen“. Der Wohnanteil wäre also deutlich geringer geworden.
Bezirk und Investor setzten sich an einen Tisch, man handelte einen Kompromiss aus, der Gewerbeanteil wurde auf 43 Prozent begrenzt, außerdem sollte eine Etage im Büroturm für kreative Projekte reserviert werden – so erzählt es Gröner. Diese Vereinbarung habe Schmidt einige Tage später dann wieder aufgekündigt, weil sie nicht konsensfähig gewesen sei.
"Verlust von Wohnraum ist inakzeptabel"
„Die Initiative Florian Schmidts, hier zu vermitteln und eine Kompromisslösung zu finden, konnte in der BVV keine Mehrheit finden“, erklärt jetzt das Bezirksamt. „Der Verlust von 5000 Quadratmetern bezahlbarem Wohnraum ist inakzeptabel und keine Basis für die Weiterführung des B-Planverfahrens“, sagt Schmidt persönlich. Dem Bezirksamt die Stagnation vorzuwerfen sei absurd. Zu den konkreten Vorwürfen äußerte er sich auf Anfrage aber nicht.
Gröner veröffentlichte am Dienstag einen Teil des Mailverkehrs mit Schmidt. Darin werfen sich die Kontrahenten gegenseitig vor, Vereinbarungen gebrochen zu haben. Der Ton verschärfte sich, Gröner sprach schließlich von „Dilettantismus“, daraufhin kündigte Schmidt die Zusammenarbeit auf, stellvertretend für alle Mitarbeiter seines Ressorts.
Gröner hatte sich zwischenzeitlich an Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher gewandt, der Fall sollte in der „Clearingstelle“ behandelt werden, doch die habe sich für unzuständig erklärt, sagte Kutz. Nun soll es im September ein Gespräch mit dem zuständigen Staatssekretär und Florian Schmidt geben.
Gröner sagt, er behalte sich Schadensersatzansprüche vor, sollte das Bauprojekt scheitern. Finanziellen Handlungsdruck gebe es aber nicht. „Wir befinden uns in der Komfortzone.“ Der alte Postbankturm werfe auch ohne Umbau Gewinne ab. „Das Haus ist nahezu voll vermietet“. Sein Versprechen als Investor, Bauvorhaben auch zu realisieren, gelte nicht mehr für Kreuzberg.