Sperrung der S-Bahn: In den Bahnhöfen ist die Verwirrung groß
Am Montag wurde der S-Bahn-Verkehr zwischen Friedrichstraße und Zoologischer Garten für mehrere Wochen unterbrochen. Viele Fahrgäste vermissten Informationen.
Welch ein Durcheinander. Welch eine Ratlosigkeit. Ausgerechnet am Tag nach dem Weltmeistertitel der Fußballnationalmannschaft hat die Bahn am Montag, wie seit langem geplant, den S-Bahn-Verkehr zwischen Friedrichstraße und Zoologischer Garten unterbrochen. Tausende Besucher der Fanmeile, die am Morgen nach der Feier nach Hause wollten, irrten auf den Bahnhöfen umher – auf der Suche nach dem Ersatzweg. Vergessen war der Service der Nacht zuvor, in der die S-Bahn noch bis fast 4 Uhr Fanmeilenbesucher nach Hause oder zum Hotel gefahren hatte, obwohl der Betriebsschluss für 1.30 Uhr geplant war. Aber auch Berliner hatten von der Sperrung, die noch bis zum 4. August dauert, nichts mitbekommen. „Das war nach der Freude am Sonntag über den WM-Titel ein Schock am Montag“, sagte eine Steglitzerin genervt.
Personal, das Auskunft hätte geben können, war nur sporadisch zu sehen. Ganz rar sind Mitarbeiter auf den Regionalbahnsteigen in den Stationen Friedrichstraße und Zoo, wo jeweils die umsteigenden S-Bahn-Fahrgäste ankommen. Im Zoo bleibt auch das moderne Abfertigungshäuschen unbesetzt – wie im Alltagsbetrieb üblich.
Auf den elektronischen Anzeigetafeln sprangen die Ziele hin und her; mal war gegen 9 Uhr ein Zug nach Wünsdorf Waldstadt angekündigt, Abfahrt 9.41 Uhr, dann wurde er durch eine Fahrt um 9.15 Uhr nach Frankfurt (Oder) ersetzt. Dumm für Ortsunkundige war stets, dass als nächste Station immer der Ostbahnhof vermerkt war. Die meisten Fahrgäste wollten aber zum Hauptbahnhof, der in der Information gar nicht auftauchte. Zwei jüngere Frauen waren dann total verwirrt, als ein Zug der Ostdeutschen Eisenbahn (Odeg) mit dem Ziel Cottbus ankam. Deren bunt lackierte Züge sehen ganz anders aus als die knallrot lackierten Fahrzeuge der Deutschen Bahn. „Dürfen wir damit auch fahren“, fragten sich die beiden. Und drängten sich nach einem bestätigenden Ja zufrieden in den Wagen. Die Regionalbahnen, die einen großen Teil der S-Bahn-Fahrgäste aufnehmen müssen, waren in der Regel sehr voll.
Kam ein Zug an, stürzten sich die Wartenden auf ihn. Vor den Türen ballten sich die Massen, der Einstieg verzögerte sich, die Verspätung war da. Pünktlich war aber am Morgen ohnehin kaum ein Zug. Dabei fuhren die Züge oft dicht hintereinander, wobei die folgenden fast immer leerer waren. Hinweise, dass der nächste Zug bereits in wenigen Minuten abfährt, gab es nicht. Hier hätte eine Aufsicht steuernd eingreifen können. Die Hinweise reichten aus, sagte ein Sprecher. Das Personal konzentriere man deshalb in den anderen Bereichen der Bahnhöfe und auf den Vorplätzen.
Auch im Hauptbahnhof gab's keine Mitarbeiter
Aber auch im Hauptbahnhof gab’s beim Test vor den abgesperrten Treppen zur S-Bahn keine Mitarbeiter. Und den schriftlichen Hinweis auf den „SEV“ (Schienenersatzverkehr) zwischen Friedrichstraße und Zoo dürften Fahrgäste, die nicht regelmäßig Bahn fahren, auch nicht unbedingt verstehen. Immerhin: Auf dem Washingtonplatz, von dem die Ersatzbusse abfahren, die alle derzeit stillgelegten S-Bahnhöfe ansteuern, waren Bahnmitarbeiter präsent. Die Hinweise zur Abfahrtshaltestelle, auch mit auf dem Boden aufgeklebten Fußtapsen in einem leuchtenden Rot, verlieren sich allerdings irgendwann auf dem riesigen Platz. Und an der Rahel-Hirsch-Straße, die überquert werden muss, um den Bus Richtung Friedrichstraße zu erreichen, darf man sich hinweisfrei entscheiden, ob man zur Haltestelle links oder rechts vom Überweg geht. Richtig ist die rechte. Dazu passt, dass die Ampel ausgeschaltet war, die ein sicheres Überqueren der Fahrbahn ermöglichen würde. Dies immerhin ist auf der Jebensstraße am Bahnhof Zoo möglich. Dort hat man für den Weg zur Bushaltestelle einen provisorischen Zebrastreifen in Gelb angebracht. Und die Busse sind leicht zu finden. Dagegen führen die Tapsen am Bahnhof Friedrichstraße die Fahrgäste auf dem Weg zu den Ersatzbussen etwas in die Irre. Sie lenken die Suchenden zur Haltestelle für die ankommenden Busse unter der Bahnbrücke, wo nur das Aussteigen erlaubt ist. Die Einstiegshaltestelle befindet sich in der anderen Richtung. Allerdings ist die Fahrt nur bedingt zu empfehlen. Zwischen Friedrichstraße und Zoo sind die Busse weit mehr als 20 Minuten unterwegs. Die S-Bahn würde es in acht Minuten schaffen. Ab 4. August ist es ja wieder möglich.
Wie sich die gesperrte Strecke umfahren lässt
Am einfachsten lässt sich die gesperrte Strecke zwischen Friedrichstraße und Zoo mit den Zügen des Regionalverkehrs umfahren, die aber nicht in den Stationen Bellevue und Tiergarten halten. Wer diese Ziele hat, muss auf die Ersatzbusse ausweichen, die zwischen Friedrichstraße und Zoologischer Garten pendeln und auch am U-Bahnhof Hansaplatz stoppen.
Wer nicht in die Innenstadt will, kann auch in den Stationen Ost- und Westkreuz jeweils in die Ringbahn umsteigen und so das Zentrum umkurven. Die Fahrt dauert nur unwesentlich länger als über die Stadtbahn.
Eine Alternative ist auch die U 2 (Pankow–Ruhleben), die den Alexanderplatz mit dem Bahnhof Zoo verbindet. Weiträumig ist auch ein Umfahren mit der U1 (Warschauer Straße–Uhlandstraße) möglich. Auf beiden Linien gilt weiter der Normalfahrplan, während die BVG auf den anderen U-Bahn-Linien – wie in der Ferienzeit üblich – ihr Angebot reduziert hat.
Zudem bietet die Bahn eine neue Variante an: Das Radeln. In ihrem Verleihsystem „Call a Bike“ ist das Fahren während der Stadtbahnsperrungen in den ersten 30 Minuten gratis. Das Angebot für die Ausleihstationen entlang der gesperrten Strecke gilt auch für Neukunden, die sich aber vorher noch registrieren lassen müssen.
Welche Baustellen es außerdem gibt
Die S-Bahn ist derzeit eine Stress-Bahn, weil es im Netz mehrere Großbaustellen gleichzeitig gibt. Und weitere folgen, weil die Arbeiten auf die Sommerferien konzentriert werden sollen.
Noch bis zum 18. Juli gesperrt ist der Abschnitt Baumschulenweg–Treptower Park, auf dem sonst die Linien S 8, S 85 und S 9 fahren. Die S 8 und die S 9 sind jeweils in zwei Linien geteilt, die S 85 entfällt.
Bei der S 1 ist der Abschnitt Waidmannslust–Hohen Neuendorf noch bis zum 28. Juli unterbrochen. Weil auch im Bahnhof Wollankstraße Arbeiten stattfinden, müssen Fahrgäste aus dem Norden der Stadt bei der Fahrt ins Zentrum mehrfach umsteigen, was die Fahrzeit erheblich verlängern kann. Die S-Bahn rät, in Wittenau in die U 8 umzusteigen und in Gesundbrunnen wieder in die S-Bahn zu wechseln. Zwischen Wittenau und Hohen Neuendorf fahren Ersatzbusse. Züge mit dem Ziel Oranienburg werden von der Bornholmer Straße über Blankenburg und Hohen Neuendorf umgeleitet. Vom 4. bis 25. August wird auf der Stadtbahn zum Fortsetzen der Arbeiten der Abschnitt zwischen Ostbahnhof und Friedrichstraße gesperrt. Hier müssen Fahrgäste dann wie derzeit zwischen Friedrichstraße und Zoo auf Züge des Regionalverkehrs ausweichen oder sich andere Wege suchen.