Vandalismus in Bahnhöfen: In Berlin sind viele Rolltreppen Stehtreppen
In S- und U-Bahnhöfen ist auf Fahrstühle und Rolltreppen oft kein Verlass. Manche Treppen sind wochenlang außer Betrieb, die häufigste Ursache: Vandalismus. Besonders problematisch ist, dass das Personal in den Bahnhöfen so ausgedünnt ist.
Ein ganz normaler Sonntag für Fahrgäste im Nahverkehr, die in Bahnhöfen Aufzüge oder Rolltreppen nutzen wollen: Die S-Bahn meldete am Sonntag 22 defekte Aufzüge und 21 nicht funktionierende Rolltreppen; bei der BVG waren sieben Aufzüge außer Betrieb, allerdings meist wegen Wartungs- oder Modernisierungsarbeiten. Defekte Rolltreppen meldet die BVG bisher nicht. Mehr als 97 Prozent der Anlagen funktionierten stets, sagte BVG-Sprecher Klaus Wazlak. Nicht selten stehen Anlagen aber monatelang still, was der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) kritisiert.
Vor allem fehlten meist Informationen über den Grund der Störung, bemängelt VBB-Sprecherin Elke Krokowski. Vandalismus sei die häufigste Ursache, heißt es bei den Verkehrsbetrieben übereinstimmend. Und bei Defekten das lange Warten auf Ersatzteile.
Rund 20 000 Teile für Rolltreppen, auch Fahrtreppen genannt, seien beim Hersteller Schindler vorrätig, sagte Sprecher Jan Steeger. Bei alten Anlagen könne es vorkommen, dass Ersatz extra angefertigt werden müsse. Und das könne dann schon wochenlang dauern. Hersteller seien allerdings auch bereit, Ersatzteile untereinander zu tauschen.
Firmen bieten Wartungsverträge an, doch feste Abmachungen hat nur die BVG für ihre 132 Aufzugsanlagen mit fünf Firmen abgeschlossen. Rolltreppen werden von 31 eigenen Mitarbeitern instand gehalten; es gibt sogar eine Werkstatt dafür. Nur bei „Lastspitzen“ werden Firmen beauftragt. Für die S-Bahn hat der Bereich Station und Service des Bahnkonzerns die Wartung übernommen. Die 250 Aufzüge sollen laut Vertrag bei einem Defekt nach vier Stunden repariert sein.
Häufig stehen Rolltreppen auch still, weil der Notstopp missbräuchlich ausgelöst worden ist. Als es auf den Bahnhöfen noch Personal gab, konnten diese Mitarbeiter solche Anlagen schnell wieder starten. Heute fänden täglich Kontrollen durch Mitarbeiter der Sicherheit und Reinigung an den 250 Rolltreppen statt, sagte ein Bahnsprecher. Die BVG setzt vor allem auf Technik: 284 der 365 Rolltreppen hätten eine „Wiederbereitschaftschaltung“, die nach einem Stillstand per Lichtschranke prüft, ob die Treppe frei ist, und sich dann einschaltet, sagte Wazlak.
Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Jürgen Schneider, sieht vor allem den Ausfall von Aufzügen kritisch. Rolltreppen seien nur eine Komfortverbesserung. Bei Aufzügen stört Schneider zudem, dass die Bahn inzwischen vom einst vereinbarten Standard zunehmend abweiche. Demnach sollten die Kabinen 1,40 Meter mal 2,10 Meter groß sein – mit genügend Platz auch für Fahrräder. Inzwischen baue die Bahn aber auch nur 1,10 Meter mal 1,40 Meter kleine Kabinen ein, in denen es sehr eng sei. Große Kabinen seien baulich nicht überall möglich, sagte ein Sprecher der Bahn. Zudem dürften sie nur dort eingebaut werden, wo mit einem hohen Aufkommen von Reisenden zu rechnen sei.
Derzeit gibt es auf 94 der 173 U-Bahnhöfe Rolltreppen, an 89 sind Aufzüge vorhanden. Bei der S-Bahn haben von den 133 Stationen im Stadtgebiet 38 Fahrtreppen und 104 Aufzüge. Die BVG will bis 2020 komplett barrierefrei werden. Vom Programm, Fahrtreppen durch feste Steintreppen zu ersetzen, hat sie sich verabschiedet. Jetzt müssen die Dinger nur auch rollen.