Öffentlicher Nahverkehr: In Berlin kann die Planung eines Aufzugs 20 Jahre dauern
Am Berliner S-Bahnhof Yorckstraße liegen fast hundert Treppenstufen zwischen U- und S-Bahn. Ein Aufzug soll kommen - bis 2036. Eine Übersicht zu Bauprojekten.
Lang, länger, noch länger. Wenn in Berlin geplant und gebaut wird, dauert es meist Jahre, bevor der Abschluss gemeldet werden kann. Aber dass Fahrgäste auf den Einbau eines Aufzugs auf einem Bahnhof noch fast 20 Jahre warten sollen, ist doch ungewöhnlich.
Dabei steigen am S-Bahnhof Yorckstraße täglich Tausende von Fahrgästen ein und aus oder wechseln zu den U-Bahnen oder Bussen der BVG. Zwischen den Bahnsteigen der U-Bahn und der S-Bahn am Bahnhof Yorckstraße müssen fast hundert Treppenstufen überwunden werden. Und zum Bahnsteig der S 2, S 25 und S 26 wird es auf unabsehbare Zeit keinen Aufzug geben, auch wenn das Personenbeförderungsgesetz ab Ende 2022 einen barrierefreien Zugang zu allen Stationen des Nahverkehrs fordert.
Der Bahnhofschef der Region Ost der Deutschen Bahn, Friedemann Keßler, hatte jüngst als frühesten Termin für den Einbau des Aufzugs an der Yorckstraße das Jahr 2036 genannt. Der Einbau ist abhängig vom Weiterbau der S-Bahn-Strecke S 21 vom Nordring über den Hauptbahnhof und den Potsdamer Platz bis zum Südring. Dafür muss der Bahnhof Yorckstraße aufwendig umgebaut werden; statt zwei wird es dort dann vier Gleise geben. Und erst mit dem Umbau soll der Aufzug kommen, weil dann auch der Bahnsteig neu gebaut wird. Die BVG will den zweiten Aufzug zum U-Bahnhof viel früher fertigstellen.
Landesbehindertenbeauftragte fordert Ersatzlösung
Zeitvorstellungen für den Bahnhofsumbau gibt es noch gar nicht. Derzeit ist der Abschnitt Nordring–Hauptbahnhof in Bau – und hat schon eine gewaltige Verspätung eingefahren. Erst jetzt wird an der Station unter dem Hauptbahnhof weitergebaut. Für die anschließende Strecke bis zum Potsdamer Platz läuft das Planverfahren, und am dritten Abschnitt hat sich noch gar nichts getan.
Die stellvertretende Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Heike Schwarz-Weineck, verweist darauf, dass mit der Bahn abgestimmt sei, den Aufzug auch an der Yorckstraße bis Ende 2022 zu bauen. Ansonsten müsse die Bahn eine Ausnahmegenehmigung beantragen und Ersatzlösungen anbieten.
Die Vorgabe, die Stationen bis Ende 2022 barrierefrei zu machen, kann die Bahn auch woanders nicht umsetzen: Für die Haltepunkte Hirschgarten, Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik und Nöldnerplatz ist der Einbau derzeit 2023 vorgesehen und für Marienfelde erst 2023/24.
Auch BVG wird 2020 nicht komplett barrierefrei
Auch die BVG schafft das mit dem Senat vereinbarte Ziel, 2020 barrierefrei zu sein, nicht. 54 der 173 Stationen haben nach Angaben der BVG noch keinen Aufzug. 14 Aufzüge sollen noch in diesem Jahr fertig werden, 2019/20 folgen laut Programm 44. Zum Teil sind in Bahnhöfen mehrere Anlagen erforderlich. Bis 2021/22 dauert es im Bahnhof Deutsche Oper, wo der Einbau sehr schwierig ist, sowie beim letzten Aufzug zur U 7 an der Möckernbrücke und bei den Stationen Borsigwerke, Holzhauser Straße und Seestraße an der U 6, wo die BVG den Einbau mit umfangreichen Sanierungsarbeiten verbinden will.
Und auch wo gebaut wird, kann es dauern. Nicht nur bei Großprojekten wie dem Lückenschluss der U 5 zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor oder der S-Bahn-Verbindung vom Nordring zum Hauptbahnhof. Beide Strecken sind nur knapp 2,5 Kilometer kurz, die Bauzeit erreicht oder übersteigt dagegen zehn Jahre.
Lange Bauzeiten, weil nur nachts gewerkelt wird
Zwei Jahre hat die BVG für den Aufzug am U-Bahnhof Spichernstraße veranschlagt, der vom Bahnsteig der U 9 über das Zwischengeschoss bis zur Straßenoberfläche führen wird, weil bis auf wenige Ausnahmen nur nachts gebaut wird. Deshalb finden sich auch in zahlreichen Bahnhöfen gefühlt nicht enden wollende Baustellen – wie an der Bismarckstraße oder am Halemweg. Am U-Bahnhof Rathaus Steglitz baut die BVG sogar schon seit 2013; der letzte Arbeiter soll Anfang 2021 abziehen. Unter anderem auch, weil es unliebsame Überraschungen beim Bauzustand gegeben hat.
Am Bahnhof Zoo wollte die BVG schon 2012 „innerhalb weniger Wochen“ eine neue Zugangstreppe zum U-Bahnhof bauen; bis heute klettern die Fahrgäste dort über die Behelfsbrücke aus Metall, die langsam schon wieder ihr „Lebensalter“ erreicht. Hier plant die BVG nach Angaben ihres Bauchefs Uwe Kutscher einen großzügigen Übergang in den Regional- und S-Bahnhof. Die Gespräche mit der Bahn ziehen sich aber in die Länge. Und auch die Entscheidung zum Umbau des Hardenbergplatzes, von der wiederum die Arbeiten der BVG ebenfalls abhängen, lässt auf sich warten
Aber es gibt auch gute Meldungen: Am U-Bahnhof Parchimer Allee sind die Arbeiten abgeschlossen, der Aufzug ist in Betrieb. Zu bauen begonnen hatte man im August 2017.