Wohnen in der Stadt: In Berlin ist Platz für alle - auch am Mauerpark
Wichtiger als die Mietpreisbremse sind mehr Wohnungen in Berlin. Deshalb ist es richtig, wenn der Senat die Planung für den Mauerpark an sich zieht. Wer dagegen ist, denkt egoistisch. Aber das Land muss auch sozialen Wohnungsbau ankurbeln. Ein Kommentar.
Um es vorwegzunehmen: Gegen den ungebremsten Anstieg von Mieten gibt es nur ein wirklich probates Mittel – es müssen mehr Wohnungen gebaut werden. Mieten steigen da, wo Hausbesitzer sicher sein können, genügend potenzielle Mieter im Hochpreissegment finden zu können. Insoweit wird der Beschluss des Senats von Berlin, das Planungsverfahren für das Bauareal am Mauerpark an sich zu ziehen, im Kleinen vermutlich mehr Wirkung zeigen als die vom Bundestag beschlossene Mietpreisbremse im Großen. Die ist vorerst nicht mehr als ein Signal, dass die Politik das Thema erkannt hat. Ob es beachtet wird und wirkt, darf bezweifelt werden.
Am Mauerpark werden, entgegen der ersten, 20 Jahre alten Planung, sowohl Eigentums- als auch Mietwohnungen in verschiedenen Segmenten entstehen. Da sowohl für Studenten als auch für Senioren gebaut werden soll, könnte hier genau jene soziale Mischung wachsen, die andernorts durch die Mietpreisbremse vielleicht erhalten werden kann: Alte und Junge, Wohlhabende und Durchschnittsverdiener, und das alles innerhalb des S-Bahn-Rings.
Dass die jetzigen Anlieger des Mauerparks gegen die Bauplanungen sind, erscheint menschlich verständlich. Aber egoistisch ist es eben auch, und das besonders in einer Stadt, deren Bevölkerung Jahr für Jahr um 40.000 Menschen zunimmt. Wenn sich aber die, die schon da sind, gleich ob am Tempelhofer Feld, an den Buckower Wiesen oder gerade am Mauerpark, gegen jede Änderung sperren, ist nur eines sicher: Die Mieten werden steigen, auch bei denen, die jetzt noch den Neubau von Wohnhäusern blockieren. Dass der Senat wegen seiner angreifbaren Tempelhofer Planung zu einem großen Teil selber schuld ist am örtlichen Widerstand, darf dabei nicht verschwiegen werden.
Der Zusammenhalt in den Kiezen darf nicht zerstört werden
Natürlich wird niemand einen Rechtsanspruch formulieren, innerhalb des sogenannten Hundekopfes eine bezahlbare Bleibe finden zu können. Entlang der S-Bahn-Linien in den Außenbezirken kann noch viel preiswerter gebaut werden, ohne dass die Mobilität der Menschen leidet. Aber einen ungebremsten Verdrängungswettbewerb aus angestammten Wohnquartieren darf es eben auch nicht geben, wenn die Stadtregierung nicht den sozialen Zusammenhalt, den gesellschaftlichen Kitt in den Kiezen zerstören will.
Dabei könnte das Land Berlin auf marktadäquate Weise tätig werden, indem es den sozialen Wohnungsbau ankurbelt. Der Finanzsenator und sein Kollege von der Stadtentwicklung müssten nur durch die Ausweisung von Bauland aus öffentlichem Besitz aktiv werden. Und wenn der Bund in der Mieterstadt Berlin, aber nicht nur hier, mehr zur Eigentumsbildung bei Durchschnittsverdienern beitragen will, sollte er die Gesetzgebung ändern. Bislang kann nämlich nur derjenige Hypothekenzinsen steuerlich absetzen, der seine Wohnung nicht selber nutzt, sondern vermietet. In einem Nachbarland, den Niederlanden, kann man beobachten, dass es anders besser geht.
Für Klassenkampf nicht geeignet
Auch wenn es verlockend klingt: Für Klassenkampf ist das Thema nicht geeignet. Der Wohnungsbau durch private Investoren mit dem Ziel, eine Kapitalrendite zu erzielen, ist nicht unanständig, sondern in der Marktwirtschaft völlig normal. Wenn es dadurch mehr Wohnungen für Besserverdienende gibt, ist das sogar willkommen. Oft sind das jene qualifizierten Zuzügler, die die expandierende Wirtschaft der Stadt dringend sucht.