Teilsperrung der Elsenbrücke in Berlin-Treptow: Immer wieder Ärger mit dem Spannbeton
Die viel befahrene Elsenbrücke ist seit Freitag gesperrt. Sie ist nur einer von vielen Problemfällen. Jede zehnte Berliner Brücke wird als baufällig eingestuft.
Die Elsenbrücke ist eine der wichtigen Verkehrsverbindungen Berlins – und seit Freitag das jüngste Beispiel für ein größeres Problem. Seit jenem Tag ist diese wichtige Verbindung zwischen Friedrichshain und Treptow halbseitig gesperrt, es wurden Risse im Stahl festgestellt. Das ist für die Brücke nichts Neues: Das Bauwerk über die Spree verursachte seit seiner Eröffnung in den 60er Jahren immer wieder Ärger. Die Brücke steht jedoch beispielhaft für eine größere Herausforderung. Und das nicht erst seit dem spektakulären Brückeneinsturz in Genua mit mehr als 40 Toten vor gut zwei Wochen.
Besonders hart betroffen ist der Autobahn-Ring
Jede Zehnte der 1085 Berliner Brücken wird als baufällig eingestuft. Das ergab eine kleine Anfrage der Grünen im vergangenen Jahr. Besonders betroffen ist der Berliner Autobahn-Ring, langfristig plant man dort viele Bauwerke komplett zu ersetzten. Zwischenzeitlich werden nur Sanierungsarbeiten durchgeführt, wie jüngst an der Rudolf-Wissell-Brücke.
Spannbetonbrücken sind stark reparaturanfällig
Die Brücken des Berliner Autobahnnetzes und die Elsenbrücke haben etwas gemeinsam: Sie sind Spannbetonbrücken, gebaut in den 60er und 70er Jahren. Sie sind somit die Art Bauwerk, die man die „Problembrücken Deutschlands“ nennen kann. Denn oft erhalten die Spannbetonbrücken der ersten Generation schlechte Zustandsnoten und benötigen Ausbesserungen.
„Die Planer rechneten damals noch nicht mit dem heutigen Verkehrsaufkommen und der hohen Belastung durch Lkws“, sagt Frank Ehlert, Sprecher vom Tüv Rheinland. Die Brückenprüfer des Tüv müssen in Deutschland öfter schlechte Noten vergeben: „Wir registrieren seit geraumer Zeit eine Häufung der Probleme“, sagt Ehlert. Das läge vor allem am Alter der Bauwerke. „Es muss an vielen Stellen in den Erhalt investiert werden“, sagt der Tüv-Sprecher und warnt davor, die Lage zu unterschätzen.
Die "Else" wurde seit ihrer Eröffnung schon mehrfach saniert
Ein besonders gravierendes Beispiel für die Überlastung ist die Westendbrücke auf der A100. Zwischen Kaiserdamm und Spandauer-Damm werden die 234 Meter Spannbetonbrücke mit Metallgerüsten gehalten. Die eigentlichen Stützpfeiler können die Lasten nicht mehr allein tragen. „Die Lebensdauer der Westendbrücke ist erreicht“, schreibt die Firma Deges, die einen Neubau plant.
Die jetzt einseitig gesperrte Elsenbrücke wurde von 1965 bis 1968 gebaut. Über 185 Meter führt sie über die Spree. Seit ihrer Eröffnung wurde die „Else“ mehrfach saniert, zunächst 1985. Damals wurde der Fahrbahnbelag erneuert und die gesamte Fahrbahnübergangskonstruktion zwischen Straße und Brücke ausgewechselt. Von 2007 bis 2009 wurde die Brücke grundsaniert, 4,1 Millionen Euro kostete das. Es war Wasser in den Bau eingedrungen, an Beton und Asphalt waren Schäden aufgetreten.
Bei einer Routineuntersuchung am vergangenen Donnerstag war nun ein Riss im Stahl des Spannbetons an der Unterseite der Brücke festgestellt worden. Eine zweite Untersuchung am Freitagvormittag bestätigte das Ergebnis. Die Senatsverwaltung handelte: Ab 14 Uhr war die Fahrbahn Richtung Ostkreuz für den Autoverkehr gesperrt. Auf der Gegenfahrbahn Richtung Treptow kann der Verkehr weiterhin rollen, da sie baulich vom beschädigten Brückenteil getrennt ist.
Autofahrer stehen bis zu einer Stunde im Stau
Freitag und auch Sonnabend kam es zu erheblichen Staus um die Brücke. Die Verkehrsinformationszentrale vermeldete zeitweise bis zu einer Stunde längere Fahrtzeiten auf der Puschkinallee. Auch die Oberbaumbrücke war überlastet. Am Freitag wurde bereits damit begonnen, eine Ausweichspur auf der Gegenfahrbahn in Richtung Treptow einzurichten. Ab Dienstag soll der Verkehr nach Ostkreuz auf der anderen Brückenseite mitfahren können. Es gibt dann zwei statt drei Spuren. Wie es mit dem gesperrten Brückenteil weitergeht, bleibt abzuwarten: „Der Schaden an der Elsenbrücke wird weiter untersucht“, sagt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Verkehr.
Berlins Brücken werden alle drei Jahre gründlich geprüft
Trotz schlechter Zustandsnoten: In Berlin sei keine Brücke einsturzgefährdet, beteuert die Senatsverwaltung. Alle drei Jahre wird jede Brücke nach Din-Normen geprüft. Dabei werden die Standsicherheit, die Verkehrssicherheit sowie die Dauerhaftigkeit überprüft. Zudem gibt es im Jahr mehrfach Begehungen. Bei Hinweisen auf eine Gefährdung der Standsicherheit würden „unverzügliche gegensteuernde Maßnahmen“ eingeleitet. Dies können Verkehrseinschränkung, Lastbegrenzung und Sperrungen sein. Derzeit gelten für rund 50 der Berliner Brücken Verkehrseinschränkungen.
Bei einer möglichen Einsturzgefährdung, würde der unter der Brücke liegende Verkehrsraum gesperrt oder die Brücke zurückgebaut werden. Wie zum Beispiel, die für Fußgänger gebaute Löwenbrücke im Tiergarten. Bei der Elsenbrücke hat man von einer solchen Maßnahme abgesehen. Auch Fußgänger und Radfahrer dürfen weiter über die Brücke.
Nach einem Sanierungsstau in den vergangen Jahren investiert die Stadt jetzt wieder in ihre Brücken, heißt es aus der Senatsverwaltung. 2018 wurden 41,5 Millionen für Landesbrücken bewilligt. An mehr als 20 Brücken werden dieses Jahr umfangreiche Arbeiten erledigt.
Pauline Faust