Neues Bürgeramt in Berlin-Charlottenburg: Im Shoppingcenter auf den Ausweis warten
Im Mai öffnet ein neues Bürgeramt in den Wilmersdorfer Arcaden – allerdings ohne Aufenthaltsraum für die Besucher. Diese sollen ihre Wartezeit im Einkaufszentrum oder draußen in der Fußgängerzone verbringen.
Schön ist es nicht, im Rathaus Charlottenburg vor dem Bürgeramt anzustehen oder zu sitzen – die Warteschlangen sind oft lang und die Flure im Winter kühl. Anfang Mai zieht das Bürgeramt um ins Einkaufszentrum Wilmersdorfer Arcaden – aber ob es dort besser oder schlechter wird, ist umstritten. Denn künftig gibt es gar keinen Warteraum mehr. Die Bürger sollen ihre Zeit im Center oder in der Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße verbringen, bis sie an der Reihe sind.
Die Stadträtin für Bürgerdienste in Charlottenburg-Wilmersdorf, Dagmar König (CDU), muss das Konzept vor allem gegen die Grünen verteidigen. Aus deren Sicht ist es besonders älteren Menschen, aber auch Familien mit Kindern „nicht zuzumuten, zwischen den Geschäften zu warten oder sich in ein Café zu setzen, wo konsumiert werden muss“. Die „Privatisierung des öffentliches Raums“ gehe zu weit, sagt Fraktionschefin Petra Vandrey.
Anzeigetafeln im Center und SMS sollen über die Wartezeit informieren
Es gibt in den Arcaden ein paar Sitzbänke und in einer Mini-Lounge auch Sessel. Für Dutzende Wartende reicht das allerdings nicht.
Die Planung stammt überwiegend von Königs Amtsvorgänger, dem heutigen Bundestagsabgeordneten Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Dahinter steht ein größeres Umzugskonzept: Der Bezirk will das Rathaus Wilmersdorf aus Kostengründen bis Jahresende räumen und dortige Ämter im Rathaus Charlottenburg ansiedeln – so auch im bisherigen Bürgeramt.
Zusätzlich versprach Gröhler einen Mehrwert für Bürger, den auch König betont: Statt Zeit im Rathausflur zu vergeuden, könne man Besorgungen erledigen. Bestehende elektronische Anzeigetafeln im Center sollen die Wartenummern anzeigen. Wer lieber in die Fußgängerzone gehe, könne sich per SMS benachrichtigen lassen, sagt die Stadträtin.
Zuerst geht man die erste Etage, die Sachbearbeiter sitzen weiter oben
Neu ist die Zweiteilung des Amts. Der Empfang und die Dokumentenausgabe sollen in der ersten Etage unterkommen, die Schalter der Sachbearbeiter dagegen in der vierten Etage. Nach oben gelangt man per Fahrstuhl, bisher gibt es dort nur Büros und einen Blutspendedienst. Die Anmietung weiterer Flächen wäre zu teuer, sagt König.
Nur für Behinderte oder bedürftige Senioren soll es etwa zehn Sitzplätze im engen Gang geben – auf klappbaren Bänken, denn sonst würde der Rettungsweg verstellt.
Das neue Amt sei „nicht der große Wurf“, gibt König zu, aber mehr sei unbezahlbar. Zudem habe die Bezirksverordnetenversammlung dem Umzug längst zugestimmt. Jetzt sei es zu spät für Forderungen der Grünen, doch noch einen Warteraum zu schaffen. Das Amt öffnet am 5. Mai, vier Monate später als ursprünglich geplant. Zur Verzögerung sollen komplizierte Verhandlungen um die Mietflächen beigetragen haben.
Mit längeren Wartezeiten für Bürger rechnet König nicht, obwohl es weniger Bedienplätze geben wird. Bisher könne man im Rathaus Charlottenburg oft nicht alle Arbeitsplätze besetzen, sagt sie, das werde sich nun ändern.
Siegfried Schlosser von der Piratenpartei hält den Umzug für richtig, die Flächen im Rathaus würden dringend anderweitig benötigt. Auch er findet aber, das Amt brauche einen Wartebereich. In den Läden gebe es keine Infotafeln, die Wartenummern zeigen. Und wenn man nicht innerhalb von fünf Minuten im Amt sei, verfalle die Nummer. Diese Spanne müsse verlängert werden. Die SPD-Fraktion sieht ebenfalls noch „Optimierungsbedarf“.
Eltern, die mit ihren Kindern vorbeikommen, müssen mit einem weiteren Problem rechnen. Die Empfangsstelle im ersten Stock zieht neben einen Eisladen – Quengeln garantiert.