Rabbiner Daniel Alter: "Ich hoffe, dass ich den Tätern verzeihen kann - wenn sie Reue zeigen"
Der Rabbiner Daniel Alter wurde in Friedenau von Jugendlichen verprügelt. Mit dem Tagesspiegel sprach er über Antisemitismus, alltägliche Bedrohungssituationen und die Fähigkeit, den Tätern zu verzeihen.
Herr Alter, wie geht es Ihnen?
Wie es einem so geht nach einer Operation unter Vollnarkose. Aber die Ärzte sind optimistisch, dass das gebrochene Jochbein wieder völlig heilt.
Haben Sie jemals mit einem solchen Angriff gerechnet?
Jein. Ich bin ja immerhin 53 Jahre durchs Leben gekommen ohne dass mir solche brutale körperliche Gewalt angetan wurde. Aber dass ich angemacht oder angepöbelt wurde, weil ich als Jude identifizierbar war – das habe ich schon öfter erlebt.
Und wie haben Sie reagiert?
Ich konnte eigentlich immer deeskalierend auf die Angreifer einwirken. Einmal fragte mich auch einer, ob ich Jude sei. Als ich bejahte, sagte er, dass er alle Juden hasse. Ich fragte ihn, wie viele Juden er denn kenne. So kamen wir ins Gespräch.
Ist das auch in Berlin passiert?
Ja, aber das passiert auch anderswo.
Gehen solche Bedrohungssituationen vor allem von Menschen mit arabischem Hintergrund aus?
Auch von Rechtsradikalen natürlich, aber im konkreten Fall waren es wohl junge Araber, die offenbar einen Hass auf Juden hatten. Wobei man ganz klar sagen muss: Ich bin nicht von „den Arabern“ überfallen worden, nicht von „den Moslems“ sondern von einer Gruppe stumpfer, hasserfüllter Schläger.
Wie erklären Sie sich diesen Hass?
Es gibt in gewissen Fernsehsendern, im Internet und auch in anderen Medien ganz schlimme antisemitische Propaganda. Mit jenen, die hier und überall in der Welt diesen Hass verbreiten, muss man konsequenter umgehen.
Und mit den Schlägern?
Das Schlimmste war, dass sie nicht einmal vor meiner kleinen Tochter zurückgeschreckt sind.
Wie alt waren die Angreifer.
Ich kann das schlecht schätzen, denke aber, es waren Jugendliche oder Heranwachsende.
Manche vermuten, dass es den Tätern in erster Linie darum ging, sich zu prügeln - egal, wen
Das glaube ich nicht. Ihr Motiv war eindeutig antisemitisch - ein Jude taugte in ihren Augen offenbar hervorragend als Opfer. Die Tat war sicher spontan und sicher wollten sich die Täter auch abreagieren, ich denke aber nicht, dass ein christlicher Pfarrer oder ein buddhistischer Mönch auch geschlagen worden wären.
Wie sollte man die Täter bestrafen?
Ich habe da volles Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat. Er hat die Instrumentarien, um sie angemessen zu bestrafen. Aber wenn die Täter Reue zeigen, muss man dennoch versuchen, Brücken zu ihnen zu schlagen.
Das heißt, Sie könnten reuigen Tätern verzeihen?
Ich hoffe, dass ich das dann kann.
Mit Daniel Alter sprach Sandra Dassler
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