Clueso im Interview: „Ich bin ungern nur der Schmuse-Popper“
Thomas Hübner alias Clueso feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bühnenjubiläum. Der sympathische Erfurter hat am Rande des Open-Air-Festivals "Die Neuen Deutschpoeten" mit uns über die Anfänge, seine Jugend und die Karriere gesprochen.
Du kannst heute auf eine 20-jährige Musikkarriere zurückschauen. Kannst du dich noch an deinen ersten Auftritt erinnern, damals als Rapper beim "Erfurt Projekt 1996"? Du warst gerade mal 15.
Ja, sowas vergisst man nicht. Das war in einem Club in Weimar. Ich war noch nicht mal im Stimmbruch. Wir haben Freestyle gerappt, mit einer Art selbstgemachten Beat-Box. Da hab ich schnell gemerkt, dass man sich auf das, was man plant, nicht verlassen kann. Ich muss auf der Bühne einfach auf alles gefasst sein. Ich glaube, daher kommt auch das Lampenfieber. Wenn alles so laufen würde, wie man es plant, hätte man wahrscheinlich keins.
Was war der größte Quatsch, den du jemals über dich gelesen hast?
Ich hatte eigentlich immer Glück, dass nicht so viel Quatsch erzählt wurde, da ich mit meinem Privatleben nicht so kokettiere. Wir haben uns auch immer so gegeben, wie wir sind, und viel Boulevardpresse und Privatfernsehen umschifft.
Gab es denn nichts, worüber du dich mal geärgert hast?
Doch. Ich mag es nicht, wenn ich als Schmuse-Popper hingestellt werde. Inzwischen habe ich über 250 Songs geschrieben. Die handeln nicht alle ausschließlich von Liebe.
Du hast als Teenager mal eine Friseurlehre begonnen und freiwillig abgebrochen, weil es dir keinen Spaß gemacht hat. In deinem Buch "Clueso. Von und über" beschreibst du eine witzige Situation aus dieser Zeit, in der du schlafend vorn übergebeugt mit dem Kopf im Wäschetrockner liegst. Was war denn da los?
Ich war morgens total verpennt und wollte Handtücher aus dem Trockner in der Wäschekammer holen. Es war ein großer Trockner und es sah so schön kuschelig aus. Ich hab mich dann da mit dem Kopf hineingelegt und wollt nur eine Sekunde verschnaufen, bin dann aber eingeschlafen. Meine Chefin hat mich dann entdeckt und gesagt: "Hübi, ich weiß zwar nicht, was du da machst, aber ich werd's vermissen, wenn du mal nicht mehr da bist". (lacht)
Am Anfang hast du viel Hip-Hop gemacht, heute schlägst du eindeutig ruhigere Töne an. Wie kam es zu dieser Veränderung im Musikstil und warum machst du heute gar keinen Hip-Hop mehr?
Ich bin in der Hip-Hop-Szene aufgewachsen, war aber nie der klassische Rapper. Dieser harte MC hat zu mir nicht gepasst. Aber ich fand das Jonglieren mit Wörtern sehr cool. Doch ich hatte immer den Traum, Musik zu machen und vielleicht mal irgendwann mit Musikern auf der Bühne zu stehen. Es gibt aber immer noch einen Rapper in mir. Ich wohne in einer Siebener-WG mit Freunden, die ich seit der Schulzeit kenne. Mit denen schreibe ich ab und zu Rap-Songs. Ich bring die nur nicht raus.
Bist du denn eher der Kuschel-WG-Typ, der ganz viel Zeit mit seinen Mitbewohnern verbringen möchte oder magst du es auch mal zweckmäßig?
Nein, ich find das Lebensmodell cool. Noch! Und ich mag es nach Hause zu kommen und Leute um mich zu haben, die ich schon lange kenne. Dass man sich mal ausheult in der Sauna, quatscht, dass man mit mindestens fünf Leuten frühstückt. Das finde ich alles geil. Oder das man abends ein Feuerchen macht und in die Sterne guckt. Meine Mitbewohner sind alle Künstler. Wir sind alle sehr viel unterwegs, die WG ist für uns eine Landebahn. Dann liegen wir alle auf dem Hof rum, springen in unseren Baumarkt-Swimmingpool oder kochen uns ein Süppchen.
Nenn doch bitte mal ein Lied, das dir besonders gut gelungen ist und eins, wo du im Nachhinein sagst…
… dass ich es scheiße finde? Es ist doof, wenn ich über einen Song, den andere mögen, sage, dass er scheiße ist. Aber es gibt definitiv Songs, die live nicht funktionieren. Das ärgert mich dann. Bei ein paar Songs denke ich, dass sie in einem seltsamen Gewand sind und dass ich sie heute anders machen würde. Aber bei den meisten überrascht mich noch nach Jahren, was sie in mir auslösen, wenn ich sie spiele. In Karriere-Highlights wie "Gewinner" steckt viel Privates von mir. Ich hätte nicht gedacht, dass der mal so groß wird. Den Refrain kann ich mir bis heute nicht merken. Ich sing den immer anders. „Ich bin dabei, du bist dabei, wir, ich, du“. Das vertausche ich eigentlich die ganze Zeit.
Aber nicht etwa auf der Bühne?
Doch. Aber das stört die Leute nicht.
Was war für dich das Highlight deiner Karriere?
Da gab es einige starke Momente. Bei Herbert Grönemeyer im Stadion als Support zu spielen war zum Beispiel der Wahnsinn. Oder dass Udo Lindenberg ein Freund von mir geworden ist und mir auch mal nachts ne SMS schreibt. Das hätte ich mir nicht träumen lassen. Ich bin ja immerhin aus Erfurt und ein Junge, der seinem Herzen gefolgt ist, um Musik zu machen.
Bist du früher irgendwelchen Trends gefolgt, die du heute peinlich findest?
Ich finde grundsätzlich den Style, den wir vor zehn Jahren hatten, peinlich. Wir standen auf der Bühne wie ein bunter Haufen. Wir hatten eine grobe Idee von irgendeiner Mode, die wir in einer Zeitung gesehen haben und dementsprechend haben wir uns angezogen. Ich hatte eine bescheuerte weite Hose an, mit einem viel zu großen Gürtel und ein Schlabber-Shirt. Ich sah aus wie ein Schluck Wasser. Wenn man solche Klamotten anzieht, sieht man auch mit 17 aus wie 12 (lacht). Die jungen Leute von heute wirken dagegen so stilsicher. Es gibt welche, die sind 17 und sehen total durchgestylt aus, aber auch gut.
Du hast in deiner Jugend mit Freunden Graffiti gesprayt. Hast du das hobbymäßig auf einer eigenen Wand betrieben oder bist du nachts um die Häuser gezogen?
Beides. Ein paar Mal habe ich aufgepasst, wenn andere Leute gemalt haben. Ich hatte leider das Pech, dass meine eigenen Graffiti sehr lange gehalten haben. Das ist echt peinlich, wenn dir Leute sagen „Da ist ja immer noch dein scheiß Bild!“ (lacht). Ich habe vor allem Hip-Hop-Comic-Figuren gesprüht: einen Typen mit Basecap, ganz schmalen Augen, der eine Fresse zieht und hinterm Rücken einen Joint oder Edding in der Hand hat. Die sahen so aus wie wir – oder wir sahen so aus, wie die. Das weiß keiner so richtig (lacht). Einmal wurde ich auch erwischt und musste das Graffiti wegmachen.
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Ich werde ein Album produzieren mit Songs, die ich auf beruflichen und privaten Reisen geschrieben habe. Dann habe ich noch ein paar Rap-Songs, da schau ich mal, ob es irgendwann eine EP geben wird. Außerdem möchte ich nächstes Jahr kleinere Konzerte spielen, um näher an den Leuten dran zu sein.
Gefällt dir? Das ist ein Beitrag von unserem Jugendblog "Der Schreiberling". Werdet unsere Freunde auf www.facebook.de/Schreiberlingberlin oder folgt uns aufwww.twitter.com/schreiberling.
Kathrin Merfort
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität