zum Hauptinhalt
Die Drei von der W-Lan-Stelle. 2010 ließ sich Klaus Wowereit (links) w-lan-fähige Bushäuschen der Wall AG präsentieren. Den Aufbau eines kostenlosen W-Lan-Netzwerkes betreibt der Berliner Stadtmöblierer nun lieber in Düsseldorf.
© dpa

Mobilfunk und freies W-Lan in Berlin: Ich bin immer wieder entnetzt!

Eine SMS aus dem Olympiastadion, ein Tweet von der Demo? Wer in dieser Stadt in eine größere Menschenmenge gerät, kann das Handy stecken lassen. Auch sonst hakt der drahtlose Datenversand in Berlin. Dabei müssten wir Vorreiter sein.

Na gut, das war auch dämlich. Wer verliert schon ein Ticket, das er noch braucht? Weiß doch jeder, dass beim Besuch des Olympiastadions nach der Einlasskontrolle an den Toren noch einmal die Kontrolle am Eingang zum Block kommt. Noch dazu, wenn das ein Fanblock ist, ein Gästefanblock gar.

Doch so war es dann halt, am vergangenen Sonnabend. Man stand am Marathontor, hörte von drinnen die Gesänge und kam nicht weiter. Das Ticket war weg, verschwunden irgendwo zwischen Leibesvisitation und Bierstand. Im Prinzip alles noch kein Problem, die Kumpane waren ja schon drinnen, ein Anruf hätte gereicht, eine SMS, eine Threema-Nachricht: „Hey Nico, kannst du mal kurz mit zwei Tickets runterkommen? Dankeeee!“

Aber anrufen, smsen, texten? Irgendwo, wo in Berlin mehr als drei Menschen auf einem Haufen versammelt sind? Vergessen Sie’s! Wer hier in eine halbwegs kritische Menschenmasse gerät, kann auf das Handy nicht setzen. Die Überlastung der Netze in solchen Situationen, so war zuletzt in dieser Zeitung zu lesen, geht dabei vor allem auf die Internet-Datenmengen aus Fotos, Videos und Mails zurück.

Womit wir dann beim Thema wären: Warum muss das eigentlich so sein? Warum ist in dieser Weltstadt alle Welt gezwungen, Datenaustausch über die Handynetze zu betreiben – anstatt, wie in zivilisierten Metropolen zunehmend üblich, auch über ein flächendeckend frei verfügbares W-Lan zumindest an den zentralen Orten, in den zentralen Kiezen? Was der City of London recht ist, kann Berlin doch nur billig sein, und was in Tel Aviv machbar ist, sollte auch hier funktionieren. Immerhin konkurriert Berlin nicht mit Neuruppin um den Titel „Beschaulichste Stadt östlich der Elbe“, sondern mit den Großstädten der Welt um kluge Köpfe und finanzkräftige Touristen.

Stand des Berliner W-Lans? Gefühlt nicht gut!

Gut, es gibt Inseln, Ausnahmen, Absichten: Bereits im Herbst 2012 kündigte der Senat ein freies W-Lan für die Berliner Innenstadt an. Heute kann man per App zu den 85 Outdoor- und 15 Indoor-Hotspots in Berlin und Potsdam, die die Initiative Public Wifi von Medienanstalt Berlin-Brandenburg und Kabel Deutschland im Rahmen eines Pilotprojekts geschaffen hat, navigieren – wenn man nicht grad wieder netzlos ist. Auch das „Projekt Zukunft“ der Wirtschaftsverwaltung bietet auf seiner Homepage eine Kartenübersicht über Berlins W-Lan-Hotspots. Und die Freifunker der Stadt, jene also, die aus Idealismus die dezentrale Vernetzung von privaten Routern betreiben, haben erst jüngst eine Antenne auf dem Rathaus Neukölln installiert.

Aber es sind eben nur Inseln, von „flächendeckend“ oder gar zuverlässig kann beim Berliner W-Lan keine Rede sein. Am Montag tagt nun der Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit im Abgeordnetenhaus, auf der Tagesordnung steht auch die Frage: „Wie ist der Stand des freien W-Lans in Berlin?“ Hier vorab die Bürgersicht: gefühlt nicht gut. Und wer mit Freifunkern redet, denen es immer noch an Geld für Antennen fehlt und an hohen Gebäuden, auf denen die aufgestellt werden dürfen, wer sich Unternehmer anschaut wie die Betreiber des Olympiastadions, die offenkundig bis dato schlicht kein Interesse hatten, ihre Technik auf Stand zu bringen, der ahnt, dass es dazu immer noch an politischem Willen mangelt.

Die Drei von der W-Lan-Stelle. 2010 ließ sich Klaus Wowereit (links) w-lan-fähige Bushäuschen der Wall AG präsentieren. Den Aufbau eines kostenlosen W-Lan-Netzwerkes betreibt der Berliner Stadtmöblierer nun lieber in Düsseldorf.
Die Drei von der W-Lan-Stelle. 2010 ließ sich Klaus Wowereit (links) w-lan-fähige Bushäuschen der Wall AG präsentieren. Den Aufbau eines kostenlosen W-Lan-Netzwerkes betreibt der Berliner Stadtmöblierer nun lieber in Düsseldorf.
© dpa

Den braucht es aber, um Netze flächendeckend und zuverlässig zur Verfügung stellen zu können. Dass es dabei „die Mischung macht“, deutet schon das eingangs beschriebene Szenario an: Denn natürlich geht, jaja, liebe Nerds, bei Überlastung durch Menschenmassen auch ein W-Lan in die Knie, im Zweifel sogar schneller als die klassischen Handynetze. Aber wenn sich die Last verteilt, sinkt das Risiko eines Totalausfalls hier wie dort, oder? Ein Netz wird dadurch eng, dass jemand es knüpft. Gar nicht mal, indem der Staat alles selber macht, aber indem er Freifunkern unter die Arme greift und für Unternehmer Anreize schafft. Nicht, weil die ein oder andere Person zu dämlich ist, auf eine Eintrittskarte aufzupassen – das Problem hat sich dann übrigens, man frage nicht wie, noch erledigt. Sondern weil Kommunikationslosigkeit einer kommunikativen Stadt wie Berlin schlicht nicht gut zu Gesicht steht.

Zur Startseite