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Polizeibeamte stehen bei einer Razzia in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain vor einem Haus.
© dpa
Update

Berlin-Friedrichshain: Hunderte Polizisten zu Razzien auch in Rigaer Straße

Berlins Polizei durchsucht Häuser und findet Verdächtige. Es geht um den Angriff auf einen Späti. Innensenator: "Rechtsstaat kennt keine weißen Flecken."

Die Berliner Polizei ist am Donnerstagmorgen zu Razzien in der linksautonomen Szene ausgerückt. Durchsucht wurden den Angaben zufolge vier Objekte in Friedrichshain, Kreuzberg und Neukölln – unter anderem die Rigaer Straße 94. Während des Einsatzes hat die Polizei nach eigenen Angaben vier Verdächtige angetroffen und Beweismittel ("Kleidung, Schuhe, Handys und auch Laptops ") gefunden.

Insgesamt waren 560 Polizisten vor Ort. Im Einsatz waren in der Dunkelheit auch ein Polizeihubschrauber sowie schwer bewaffnete Spezialkräfte. Gegenwehr gab es nicht.

In einer ersten Stellungnahme berichtete die Berliner Polizei: "Bei den Durchsuchungen fanden unsere Einsatzkräfte Beweismittel zum Verfahren der gefährlichen Körperverletzung. Ferner wurden vier Tatverdächtige angetroffen und überprüft. Die Maßnahmen dauern an."

Beschlagnahmt wurden Kleidung, Handys, Laptop

Nach Angaben der "BZ" , die mittlerweile bestätigt worden sind, hängt der Großeinsatz konkret mit einem Überfall auf einen Spätkauf aus dem Mai 2018 zusammen. Im Frühsommer hatten zehn Maskierte in einem Geschäft in der Reichenberger Straße gewütet. Sie randalierten nicht nur im Laden, sondern prügelten auf den Inhaber ein. Der Hintergrund: Zuvor soll eine Frau in dem Laden ein Paket nicht erhalten haben, weil sie sich nicht ausweisen konnte. Es kam zum Streit, später wurde der Laden dann gestürmt, wie Bilder aus der Überwachungskamera zeigten. Inzwischen seien mehrere Tatverdächtige identifiziert worden, sagte ein Polizeisprecher.

Wo die Einsatzorte lagen

"Die Ermittler betraten zielgerichtet ab 6 Uhr die Wohnungen der zwischenzeitlich identifizierten Tatverdächtigen in der Rigaer Straße, Reichenberger Straße, Grünberger Straße und am Maybachufer", teilte die Polizei am Donnerstagnachmittag mit. "Vier Tatverdächtige, drei Männer im Alter von 23, 25 und 25 Jahren sowie eine 25-jährige Frau, wurden angetroffen und überprüft."

Bei der Großrazzia bei einem Clan in Neukölln waren laut Tagesspiegel 30 Beamte im Einsatz, da ging es um organisierte Kriminalität. 500 Beamte gegen zehn Kleinkriminelle scheint mir, wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

schreibt NutzerIn tropa

Innensenator Geisel: "Der Rechtsstaat kennt keine weißen Flecken."

Dass die Berliner Polizei mit einem Großaufgebot wegen eines Späti-Überfalls ausgerückt ist, wird breit diskutiert. Innensenator Andreas Geisel, SPD, teilte am Morgen über seinen Sprecher via Twitter mit: "Der Rechtsstaat kennt keine weißen Flecken. Wir setzen die Regeln an allen Orten der Stadt um."

Freitagvormittag, Rigaer Straße.
Freitagvormittag, Rigaer Straße.
© Felix Hackenbruch

Nach Ansicht von Ermittlern, mit denen der Tagesspiegel sprach, zeigten der Überfall und das Bildmaterial aus der Überwachungskamera anschaulich, wie die Mitglieder der linksextremen Szene versuchten, andere einschüchtern und ihre Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Alle Tatverdächtigen seien als Sympathisanten der linksautonomen Szene polizeibekannt und auch schon mit politisch motivierten Straftaten aufgefallen. Der Überfall auf den Späti stehe damit aber bislang in keinem Zusammenhang.

Mit Helmen, Schutzschild, Kettensägen.
Mit Helmen, Schutzschild, Kettensägen.
© dpa

Anwohner: "Dachte erst an eine Räumung, aber dann ...."

Anwohner und Angestellte im Kiez konnten die Polizei-Sperrungen nur in Begleitung von Sicherheitskräften passieren. Ein Erzieher, der zu seiner Arbeitsstätte wollte, war überrascht wegen des Großaufgebots. "Ich wurde von vermummten Polizisten zu meiner Adresse begleitet", erzählte der Mann. Ungewöhnlich sei das gewesen, zumal auch der Anlass ungewöhnlich sei. "So ein großer Aufwand wegen eines angegriffenen Spätis." Auch er hatte mit etwas anderem gerechnet angesichts der Polizeistärke: mit der Räumung. Doch das war nicht der Anlass. Gegen 9 Uhr war alles wieder ruhig - Kinder liefen mit ihren Eltern auf der Straße zu ihren Schulen und Kitas.

Rund 560 schwer bewaffnete Beamte rückten in der Rigaer Straße an.
Rund 560 schwer bewaffnete Beamte rückten in der Rigaer Straße an.
© dpa/Paul Zinken

Polizeigewerkschaft: "Straftäter vertreten nicht die Interessen der Anwohner"

Die Gewerkschaft der Polizei, GdP, hat sich am Morgen zur Razzia in der Rigaer Straße geäußert. "Ich halte es für absolut notwendig, auch in diesem Bereich konsequent gegen Straftaten vorzugehen", sagte der GdP-Landesvorsitzende Norbert Cioma. "Es ist unglaublich scheinheilig, wenn man einen alternativen Lebensstil pflegt und dafür Verständnis sowie Toleranz erwartet, gleichzeitig aber keine alternativen Meinungen respektiert." Und weiter: "Es sind nicht die Autonomen, die im Kiez das Handeln der Menschen bestimmen, sondern individuelles Denken und selbstständige Entscheidungen bei Beachtung unserer demokratischen Grundsätze. Straftäter vertreten nicht die Interessen der Anwohner, sich als ihr Sprachrohr darzustellen, ist anmaßend.“

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