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Auf der Suche nach einer Unterkunft: Jeden Tag kommen neue Flüchtlinge in Berlin an.
© Paul Zinken/ dpa

Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin: Hostels bleiben auf Kosten für Flüchtlinge sitzen

Hostels, die Flüchtlinge unterbringen, leiden unter späten Zahlungen des Landes - oft mehrere Monate. Die Politik droht, Gebäude zu beschlagnahmen.

Vor Kurzem bekam Oliver Winter, Chef der Hostelkette A&O, einen Brief von Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) aus Mitte. Darin bittet von Dassel dringend, die Aufnahme von Flüchtlingen zu prüfen und erwähnt nebenbei, dass es wegen der akuten Notlage bei der Unterbringung von Flüchtlingen auch zu einer „Zwangsbelegung“ von Hostelzimmern kommen könnte. Denkbar wäre auch die Beschlagnahmung von Gebäuden, sagte von Dassel dem Tagesspiegel, als Ultima Ratio. „Wir lassen das rechtlich prüfen.“

Hostelbetreiber erhalten bis zu 50 Euro pro Person und Nacht, wenn sie Flüchtlinge einquartieren, das liegt deutlich über dem durchschnittlichen Zimmerpreis. Dennoch ist die Bereitschaft eher gesunken. Von Dassel hatte 28 Hostels angeschrieben, nur sechs antworteten zurückhaltend bis positiv, mit zwei Betreibern gebe es Verhandlungen. Oliver Winter möchte sein Kerngeschäft Klassenfahrten nicht gefährden. „Wir befürchten Konflikte. Traumatisierte Flüchtlinge und 15-jährige Schüler, das passt nicht zusammen.“

3384 Hostelrechnungen gingen alleine im August ein

Hostelbetreiber müssen zudem monatelang auf die Überweisung der Kostenpauschale warten. Das Lageso kommt mit der Prüfung der Rechnungen nicht hinterher. „Wir haben nicht genug Leute dafür“, sagt Lageso-Sprecherin Silvia Kostner, „wir haben schon Sonderschichten am Wochenende gefahren.“ Hostels, die viele Flüchtlinge beherbergen, erhalten Abschlagszahlungen, damit sie nicht pleitegehen. 4,8 Millionen Euro wurden bislang an Abschlägen überwiesen. Allein im August gingen nach Lageso-Angaben 3384 Hostelrechnungen ein.

Mit 1500 Flüchtlingen hat die Unterbringung in Hostels, eigentlich als kurzfristiges Provisorium gedacht, einen neuen Höchststand erreicht. Das Lageso hofft, dass sich die Lage nach der Inbetriebnahme weiterer fester Unterkünfte entspannt. Doch gleichzeitig erhöht sich der Druck in den Bezirken. Sie müssten eigentlich 2200 bereits anerkannte Flüchtlinge aus den Lageso-Einrichtungen übernehmen, wissen aber nicht, wohin mit ihnen.

„Bei uns kommen jeden Tag 50 Leute mit diesen Zetteln an“

Von Dassel aus Mitte verspricht den Betreibern von Hostels pünktliche Zahlung, sogar im Voraus. Eher unbeliebte Zimmer würde er gerne für einen längeren Zeitraum übernehmen. Das Lageso hat sich solche Zimmerkontingente schon gesichert, doch „die sind voll“, sagt Kostner. Flüchtlinge, für die es keinen Platz in festen Heimen gibt, ziehen mit Gutscheinen zur Kostenübernahme los. Etwa zum Smarthostel in Wedding. „Bei uns kommen jeden Tag 50 Leute mit diesen Zetteln an“, erzählt ein Mitarbeiter. Und werden abgewiesen. „Wir akzeptieren generell keine Kostenübernahmen mehr, haben schlechte Erfahrungen gemacht.“ Es kursieren Gerüchte über gefälschte Gutscheine. Auch das Engagement von Ehrenamtlern, die mitgehen, hilft kaum weiter.

Probleme gibt es aber nicht nur bei den Hostelübernachtungen. Immer wieder bleiben auch Aslybewerber abends nahe dem Lageso in Moabit zurück, weil hunderte Flüchtlinge nicht in die extra bereitgestellten Shuttle-BVG-Busse einsteigen wollen. Ehrenamtliche Übersetzer erläutern den Menschen auf Arabisch, sie könnten ohne Bedenken einsteigen. Doch viele Flüchtlinge befürchten, womöglich abgeschoben zu werden. Auch der Ankündigung, dass am nächsten Morgen jemand vom ambulanten Team des Lageso zu ihnen vorbeikommen wird, vertrauen sie nicht. Und schlafen stattdessen lieber im Park, dicht am Lageso, das um sechs Uhr wieder einlässt.

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