Unfallstatistik: Hochrisiko-Gruppe Radfahrer
Radler sind zwar nur in 2,5 Prozent aller Verkehrsunfälle verwickelt Dafür wiegen die Folgen für sie umso schwerer – wie das jüngste Unglück zeigt.
Alle zwei Stunden verunglückt in Berlin ein Radfahrer – seit Jahren steht dieser Satz in der offiziellen Unfallbilanz ganz vorn. Dabei waren in die 130 000 bei der Polizei erfassten Unfälle etwa 6000 Radler verwickelt, was nur 2,5 Prozent sind. Trotzdem gehören sie zusammen mit Fußgängern und Motorradfahrern zur Hochrisikogruppe im Straßenverkehr. Denn die Folgen der Unfälle sind meist gravierend: Unter den 48 Verkehrstoten in diesem Jahr waren 27 Fußgänger und zehn Radler, zehn Motorrad- oder Rollerfahrer sowie ein Auto-Insasse. Im Vergleich zu 2010 ist der Anteil der getöteten Radfahrer sogar von 14 auf 22 Prozent gestiegen.
Insgesamt zeigen diese Zahlen, dass fast ausschließlich schwächere Verkehrsteilnehmer getötet werden. Fünf der zehn tödlichen Radlerunfälle in diesem Jahr wurden durch abbiegende Lastwagen oder Pkw verursacht. Ein Radler starb, als er beim Überqueren einer Straße von einem Autofahrer übersehen wurde, ein weiterer kam durch einen Raser ums Leben. Zwei missachteten die Vorfahrt der Straßenbahn, einer stürzte alkoholisiert und starb.
Allerdings sind im vorigen Jahr 56 Prozent der insgesamt 6182 Unfälle mit Beteiligung von Radlern von ihnen verursacht oder mitverursacht worden. Die mit Abstand häufigste Unfallursache ist dabei nach Polizeiangaben die „Benutzung der falschen Fahrbahn“ – sprich Radeln auf dem Gehweg oder auf dem Radweg in der verbotenen Richtung. So war es auch beim jüngsten schweren Unfall am Mittwochabend. Nach Polizeiangaben wurde ein 40-Jähriger, der den Gehweg befuhr, auf der Rhinstraße in Lichtenberg an einer Einmündung von einem abbiegenden Lkw erfasst. Der Radler kam in ein Krankenhaus, der Lastwagen fuhr ohne zu stoppen davon. Mit weitem Abstand dahinter folgt dann als zweithäufigste Unfallursache „Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr“ – viele Radfahrer fahren ohne zu gucken auf die Fahrbahn.
In den vergangenen Jahren schwankte die Zahl der getöteten Radfahrer stark. 2003 war mit 24 der Negativrekord der vergangenen zehn Jahre erreicht. 2010 gab es mit sechs Getöteten den niedrigsten Wert, im laufenden Jahr sind es aber bereits wieder zehn. Die Zahl der Schwerverletzten bleibt dabei relativ konstant. Ihre Zahl liegt zwischen 450 und 550.
In den vergangenen Jahren ist jedoch der Anteil der Radfahrer am Verkehr massiv gestiegen – unter diesem Gesichtspunkt hat sich die Unfallstatistik sogar gebessert. Derzeit werden in Berlin 15 Prozent aller Wege mit dem Rad zurückgelegt, in der Innenstadt sind es mehr als 25 Prozent. Verkehrsexperten verweisen auch darauf, dass der Anteil der Menschen, die bei jedem Wetter radeln, steigt – Radfahren hat keine Saison mehr, heißt es auch beim Fahrradclub ADFC.
Im Jahr 2005 gründete das Land Berlin eine Unfallkommission, die sich mit jeder Kreuzung und jeder Straße befassen muss, bei denen sich Unfälle häufen. Rund 500 Kreuzungen tauchen seitdem regelmäßig in der Unfallstatistik auf, entweder durch mehrere gleichartige Unfälle oder durch mehrere schwere. Davon wurden seitdem 110 Kreuzungen untersucht und Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Teilweise wurden nur wildwuchernde Grünstreifen für bessere Sicht freigeschnitten, teilweise wurden ganze Kreuzungen völlig umgebaut.