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© ddp

Mitte: Himmlisches Staunen in der Nikolaikirche

Nach zweijähriger Sanierung wurde die Nikolaikirche wiedereröffnet - mit einer Ausstellung über die Kirche und das Viertel. Der Andrang war riesig.

Das E-Book kommt gerade schwer in Mode, es macht selbst vor der Nikolaikirche nicht Halt. Mit Paul Gerhardts „Geistlichen Andachten“ konnten die beiden Mädchen, die gestern Nachmittag davor verharrten, wenig anfangen, aber das virtuelle Durchblättern der frommen Lieder machte ihnen Spaß. Das war, als die Direktorin des Stadtmuseums, Franziska Nentwig, gerade ihre Rede zur Wiedereröffnung der in zwei Jahren sanierten, nun wieder museal genutzten Kirche hielt.

Noch am Morgen waren die letzten Schaustücke aufgebaut worden, um 15 Uhr war es endlich soweit. Sicher, es hat wohl geholfen, dass das Dreckswetter nicht gerade zum Spaziergang einlud, aber allein erklärt das den Andrang nicht. Eine 50 Meter lange, von Regenschirmen überdachte Schlange schob sich aufs Portal zu, vorbei an einigen Zelten mit einem munter schmetternden, frühlingshaft kostümierten Damenchor – der Beitrag der benachbarten Geschäftsleute zur Wiedereröffnung der für ihr Viertel namensstiftenden Kirche. Innen reichten die Sitze bei Weitem nicht aus, rund 1000 Besucher in ständiger Fluktuation mögen es gewesen sein, meist reifere Semester, die umherstreiften oder dem Programm lauschten, den Orgelklängen zur Begrüßung, der Rede der Direktorin, einer aus der Ferne nur schwer durchschaubaren Tanz-Performance und sodann den Grußworten des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit, der daran erinnerte, dass sich hier 1991 das erste gemeinsame Stadtparlament nach der Wende konstituiert hatte.

Auch Veteranen der Museumsarbeit waren gekommen, Männer wie Willy Großkopf, der ein altes, in Folie geschweißtes Foto mitgebracht hatte und sich dazu von Neugierigen gerne befragen ließ. Es zeigte die Kirche im August 1982, an dem Tag, als sie ihre Turmspitzen zurückbekam. Die Aufnahme war mittags entstanden, im Vordergrund sieht man Schaulustige, das waren Leute vom Märkischen Museum, denen die Kirche angegliedert werden sollte, darunter der damalige Direktor Herbert Hampe und Willy Großkopf, damals als Techniker für die Sicherheit der Kunstwerke verantwortlich. Die erste Spitze, so erinnerte er sich, wurde am Vormittag aufgesetzt, die zweite nachmittags, mit einem aus dem Westen geliehenen Kran. Aber selbst der wäre zu schwach gewesen, um die Spitzen, jeweils 53 Tonnen schwer, hochzuhieven. Daher waren sie zunächst nur im oberen Bereich mit Kupfer verkleidet worden. Man muss sich eben zu helfen wissen. Andreas Conrad

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