Heftige Debatte um den Berliner Mietendeckel: „Hier geht es nicht um Wurstpellen“
Die letzten großen Änderungen am Mietendeckelgesetz werden zur Stunde im Parlament beraten. CDU-Generalsekretär Evers attackiert die rot-rot-grüne Koalition.
Zum Schluss wurde es noch für einen kurzen Moment feierlich, als Ülker Radziwill, SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung im Abgeordnetenhaus, sagte: „Es ist ein historischer Tag, wir haben hier in diesem Ausschuss den Mietendeckel beschlossen.“ Der Gesetzesentwurf liegt nun in seiner mutmaßlich endgültigen Fassung vor, so wie das Parlament es am 30. Januar verabschieden soll, wenn alles nach Plan läuft. Dem „historischen“ Moment war allerdings – wiedermal - eine harte Debatte vorausgegangen.
Die Opposition beklagt zu wenig Zeit zur Vorbereitung
Gleich zu Beginn der Sondersitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung brüllten sich am Mittwochvormittag Iris Spranger von der SPD und Stefan Evers von der CDU an. „Hier geht es nicht um Wurstpellen!“, rief Evers, obwohl gerade die baupolitische Sprecherin der SPD das Wort hatte.
Grund für die Aufregung: Der Änderungsantrag der Koalition zum Mietendeckel-Gesetz kam am Dienstagabend erst nach 17 Uhr bei den Abgeordneten der Opposition an. Das mache es, so sehen es auch AfD und FDP, „faktisch unmöglich, sich ernsthaft materiell damit auseinanderzusetzen“. Dabei gehe es eben nicht um Wurstpellen, also Lappalien, sondern um die Zukunft der Berliner Mietenmarktes.
Die Koalition hatte am Vorabend Abstand davon genommen, die gesetzlichen Mietpreisregelungen und die Absenkung von Mieten von Amts wegen durchzusetzen. Stattdessen wird der Berliner Mietendeckel zum „Verbotsgesetz“ umformuliert. Mieter müssen die Einhaltung des Mietendeckels für ihre Wohnung gegen den Vermieter selbst juristisch durchsetzen.
„Fülle von Verfahren zwischen Mietern und Vermietern“
Für Stefan Evers, der das Gesetz als Teil der Opposition in Gänze ablehnt, sei dies ein weiterer Beweis dafür, dass die Koalition die Mieterinnen und Mieter „im Regen stehen“ lässt. „Nach der bisherigen Lage des Gesetzesentwurfs des Senats wäre es so gewesen, dass durch einen Verwaltungsakt die Absenkung von Mieten stattgefunden hätte und dass natürlich die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der diesen Bescheid erteilenden Behörde und dem Vermieter stattgefunden hätte“, erläuterte Evers. Der Mieter wäre frei von den Prozessrisiken gewesen. Nun aber laufe der Entwurf „auf eine Fülle von Verfahren zwischen Mietern und Vermietern hinaus.“ Im Anschluss an die Debatte betonte Katrin Schmidberger (Grüne), dass die Mieter nicht auf sich gestellt seien. „Bei der Frage ob eine Mieterhöhung rechtens ist, werden die Bezirke den Mietern helfen können, indem sie Verwaltungsbescheide ausstellen können, die für den Vermieter verpflichtend sind“, so Schmidberger.
Opposition wollte die Sache vertagen
Die Opposition beantragt also zunächst zu Beginn des Ausschusses eine Vertagung in der Sache – das lehnte die Koalition ab. Iris Spranger rief ins eingeschaltete Mikrofon zur CDU herüber: „Sie lehnen das Gesetz doch sowieso ab! Sie haben doch gesagt, Sie werden hier nicht eine Zeile Änderung beantragen!“ Also wurde bis halb 12 Uhr in der Sache diskutiert. Ein wenig konnte sich die Opposition ja auch – in der Nacht – noch mit dem 23 Seiten umfassenden Änderungsantrag zum Gesetzesentwurf auseinandersetzen. So sagt es Stefan Evers - und es sei mit dieser Koalition um seinen Schlaf eh nicht gut bestellt.
Evers sieht Änderungen mit erheblicher Unsicherheit verbunden
Iris Spranger wird von Evers noch einmal direkt angegriffen. Sie habe die Tragweite der Änderungen im Gesetz mit Blick auf die Kostenbelastung der Mieter offenbar nicht erfasst, wirft der CDU-General ihr vor. "Ich sehe den Versuch, den Abstand zwischen dem BGB als Privatrecht und dem Mietendeckel mit öffentlich-rechtlichem Charakter zu erhöhen", sagte Evers. Das werde aber nicht funktionieren und sei mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet.
„Sie schaffen einen sozialen Moloch in dieser Stadt“
Auch Henner Schmidt von der FDP lehnt den Entwurf zum Mietendeckel-Gesetz, wenig überraschend, nach wie vor ab. Er sagte, die Koalition selbst sollte doch Interesse daran haben, „ein sauberes Gesetz zu machen“. Und das gehe nicht im „Hopplahopp“, wobei er zugab, dass das der FDP nur in die Hände spiele, da dann eine erfolgreiche Klage dagegen wahrscheinlicher sei. Schmidt sagte, der Mietendeckel richte sich gegen Symptome, nicht auf die Ursachen der Probleme auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Harald Laatsch (AfD) warf der Koalition eine asoziale Politik vor, „Sie schaffen einen sozialen Moloch in dieser Stadt“.
Trotz aller Bedenken der Koalition wurde der Änderungsantrag am Mittwoch von der Mehrheit, der Koalition, angenommen. Er muss noch vom ebenfalls am Mittwoch tagenden Hauptausschuss abgesegnet werden, dann kann das Parlament das Gesetz am 30. Januar verabschieden. Es gilt als sicher, dass Klagen der CDU und der FDP vor dem Bundesverfassungsgericht sowie dem Verfassungsgerichtshof des Landes folgen werden.