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Dies ist unser Haus. Die Gegner des Autobahnausbaus halten Bäume besetzt. Heute soll damit Schluss sein.
© picture alliance / dpa

Protest gegen Ausbau der A 100: Heute sollen besetzte Bäume geräumt werden

Der Protest mit Pappel muss heute der A 100 weichen, viele Bahnen und Busse werden umgeleitet. Dabei wird noch gar nicht gebaut.

Ihr Baumhaus haben sie längst winterfest gemacht. Mit Teppichen isoliert, sei es auf den vier Quadratmetern oberhalb der geplanten Trasse für die A 100 inzwischen sehr gemütlich, erzählt Sylvester Kaben von der Umweltorganisation „Robin Wood“. Am heutigen Montag erlebt das Haus nun seine entscheidende Bewährungsprobe. Die Polizei will das Grundstück an der Neuköllnischen Allee 33 gegen Mittag räumen. Es wird für den ersten Bauabschnitt der Autobahnverlängerung zum Treptower Park gebraucht (siehe Text rechts).

Das Baumhaus und ein angeschlossenes Protestcamp hatten bereits vor einem Jahr Schlagzeilen gemacht. Damals sollten die Pappeln auf dem Grundstück gefällt werden, doch die Besetzer wehrten sich mehrfach erfolgreich gegen das anrückende Fällkommando. Der Grundstückseigentümer, ein Weinhändler aus Kreuzberg, verhandelte noch mit der Senatsbauverwaltung um eine angemessene Entschädigung für sein Grundstück. Der Weinhändler hatte das Gelände plus Lagerhalle 2011 gekauft, ohne zu ahnen, dass es längst für Bauarbeiten an der A 100 reserviert war.

Weinhändler will vors Bundesverfassungsgericht

Die Verhandlungen scheiterten, die Senatsverwaltung startete ein Enteignungsverfahren, gegen das sich der Weinhändler vor Gericht wehrte. Vergebens. In der vergangenen Woche erklärte das Oberverwaltunsgericht die Enteignung für rechtmäßig. „Inzwischen ist die Bundesrepublik Deutschland Eigentümer“, sagt Petra Rohland von der Senatsbauverwaltung. In Vertretung des Bundes werde das Land nun die Räumung durchsetzen. Nach Angaben von „Robin Wood“ will der Weinhändler weiter bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die erneute Klage hat aber keine aufschiebende Wirkung mehr.

„Robin Wood“ ruft für heute um 11 Uhr zu einer Kundgebung gegen die Räumung auf, rechnet aber lediglich mit 20 bis 50 Unterstützern. Auf den Bäumen würden sechs bis zehn Kletterer unterwegs sein, sagt Kaben voraus. Die Polizei werde wahrscheinlich mit schwerem Gerät anrücken. Da „Robin Wood“ nur gewaltfreie Aktionen durchführt, stehen die Chancen auf eine erfolgreiche Verteidigung der besetzten Pappel eher schlecht. Ob der Weinhändler freiwillig sein Gelände räumt, ist dagegen unklar. Auf Anfrage wollte er sich dazu nicht äußern.

Weitere Enteignungen für den Bau der A 100 seien derzeit nicht anhängig, heißt es aus dem Senat. Für Privateigentümer im nördlichen Bereich der Trasse, wo die Bauarbeiten erst in einigen Jahren beginnen, sind nach Tagesspiegel-Informationen noch keine Verfahren eingeleitet worden. Thomas Loy

Sogar die Fahrgäste der S-Bahn mussten am Sonntag auf den Autobahnbau Rücksicht nehmen und eine ungewöhnliche Umleitung nutzen. Wegen Baumfällarbeiten war von 9 bis 15 Uhr die Verbindung zwischen dem Ring und den Südoststrecken gesperrt. Die Züge aus Königs Wusterhausen (S 46) und Spindlersfeld (S 47) endeten schon in Schöneweide. Von dort ging es mit der S 45 nur alle 20 Minuten weiter zum Treptower Park, wo die Züge endeten und nach ein paar Minuten in der Gegenrichtung auf den Südring fuhren – also über Sonnenallee, vorbei an den schon leer stehenden Häusern in der Beermannstraße und an Gewerbeflächen, die der Autobahn weichen müssen. Informationen gab es wie bei der S-Bahn üblich nur auf Deutsch und in teils abgehackten, teils zu leisen Durchsagen über Lautsprecher.

S-Bahn-Fahrgäste werden den Autobahnbau noch mehrmals spüren. Im Mai sollen nach dem derzeitigem Terminplan an der Verbindungsstrecke Neukölln– Baumschulenweg zunächst Hilfsbrücken eingebaut werden, über die die Züge fahren, bis die künftige Brücke über der Autobahntrasse fertig ist. Beim Einbau der Hilfsbrücken sind erneut Sperrungen bei der S-Bahn nötig. Exakte Angaben dazu gab es bisher aber weder von der Bahn noch von der planenden Senatsverkehrsverwaltung.

Glück für Autofahrer, Pech für S-Bahnnutzer

Freuen können sich dagegen die Autofahrer. Die ursprünglich für den heutigen Montag angekündigte Sperrung der Grenzallee zwischen Bergiusstraße und Neuköllnische Allee ist auf Mitte Februar verschoben worden. Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung waren die Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen.

Dagegen hat die BVG sich schon im Januar auf die voraussichtlich dreijährige Unterbrechung der Grenzallee eingestellt und den Verlauf mehrerer Buslinien geändert. Die Linie 246 (U Friedrich-Wilhelm-Platz– S+U Hermannstraße) wurde von der Neuköllnische Allee/Forsthausallee zum Bahnhof Hermannstraße zurückgezogen, bei einigen Fahrten gibt es zwischen 6 Uhr und 7 Uhr sowie gegen 22 Uhr umsteigefreie Verbindungen als Linie 370 von Tempelhof bis zum U-Bahnhof Grenzallee. Die Linie 277 (Marienfelde, Stadtrandsiedlung – Plänterwald) endet ebenfalls bereits am Bahnhof Hermannstraße. Zum Plänterwald geht es mit der neuen Linie 370 über die Lahnstraße weiter. Neu ist die Ringlinie 341 (Köllnische Heide–Nobelstraße/Bergiusstraße–Köllnische Heide), die den entfallenen Abschnitt der Linie 246 im Industriegebiet übernommen hat. Hinzugekommen sind auch die Linie 370 ( Hermannstraße - Am Oberhafen) sowie die Linie 377 (Hermannstraße – Plänterwald).

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