Badeanstalt Spreekanal: Heute darf in der Spree gebadet werden
Am Nachmittag hüpfen 100 Berliner in die Spree - langweilig! In Dublins Fluss Liffey gibt es seit 1920 ein jährliches Wettschwimmen. Eine Glosse.
Und jetzt alle! „Wasser ist zum Schwimmen da, juppheidi, juppheida...“ Dieser Sonntag wird in die Annalen der Stadt eingehen: der erste Schwimmwettbewerb im Spreekanal, Vorwegnahme künftigen Planschens für alle an diesem ungewohnten Ort. Um 15 Uhr ist Start bei der südlichen Monbijoubrücke, vorbei an Bodemuseum, Pergamonmuseum, Neuem und Altem Museum, und auf der Höhe des Lustgarten wird gewendet. Alles in allem eine Strecke von 1000 Metern, und mancher, der dort um die Wette paddelt, sei es im Brust-, Kraul-, Schmetterlings- oder sonst einem Stil, wird sich gewiss als ganz toller Hecht vorkommen.
Wettkampf! Fluss! Hauptstadt! Wo gibt’s das denn sonst noch?
Die Frage ist einfach zu beantworten: in Irland. Seit 1920 wird dort Jahr für Jahr der Dublin City Liffey Swim ausgetragen, sogar über eine Strecke von 1800 Metern, das nächste Mal wieder am 19. September. Der Ingenieur Bernard Fagan hatte den Schwimmwettbewerb für jedermann erfunden, wollte die Dubliner so von der Wasserqualität ihres Stadtflusses Liffey überzeugen und hat damit seinem Land sogar indirekt eine Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1924 verschafft. Die gewann freilich kein Schwimmer, vielmehr der Maler Jack Butler Yeats, Bruder des Dichters und Nobelpreisträgers von 1923, William Butler Yeats. Damals gehörten auch künstlerische Wettbewerbe zu den olympischen Disziplinen, und Yeats hatte sein Gemälde „Natation“ eingereicht, das heute besser unter dem Titel „The Liffey Swim“ bekannt ist und in Dublins National Gallery hängt.
All dies sollte man im Sinn behalten, wenn man heute in die Spree steigt oder den Athleten zujubelt. Denn es dürfte noch lange dauern, bis Berlins Flussbadpokal ähnlicher Ruhm winkt. Von olympischen Trophäen ganz zu schweigen.