Einweihung Kirsten-Heisig-Platz in Neukölln: Heinz Buschkowsky: "Wir brauchen eine Revitalisierung des Neuköllner Modells"
Im Norden von Neukölln wurde am Freitag ein Platz nach der Jugendrichterin Kirsten Heisig benannt. "Nicht nachlassen"", forderte Neuköllns ehemaliger Bezirksbürgermeister Buschkowsky und erinnert damit an ihr Erbe.
Am Ende steht eine klare Botschaft. Sie kommt vom ehemaligen Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky. Der Himmel ist grau und wolkenverhangen, als er zum Mikrofon greift. Die Botschaft geht an alle – an die Justiz, an die Sozialhelfer, an die Ehrenamtlichen, an die Jugendlichen, an ganz Neukölln: „Nicht nachlassen, bitte!“ Es klingt, als hätte die frühere Jugendrichterin Kirsten Heisig diese Bitte selbst formuliert.
War es bisher nur eine Straßenkreuzung, trägt der Platz an der Ecke Emserstraße/Kirchhofstraße in Neukölln seit Freitag einen Namen: Kirsten-Heisig-Platz. Erwachsene und Kinder sind gekommen, Anwohner schauen aus den Fenstern, als Heinz Buschkowsky, seine Nachfolgerin Franziska Giffey (beide SPD) und Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) das Schild auf dem Platz enthüllen. Es sind rund 60 Menschen, die den kleinen Raum zwischen Bäckereien, Kiosken, Kneipen und der Feuerwehr fast vollständig ausfüllen. „Auch fast sechs Jahre nach ihrem Tod hat Heisigs Name noch eine Bedeutung“, sagt Heinz Buschkowsky, der lange mit ihr zusammengearbeitet hat.
Viele Begegnungen, viele Erinnerungen sind in Neukölln mit Heisig verbunden. „Wir vermissen ihren Einsatz“, sagt Marianne Johannsen, Vorsitzende des Vereins „Morus 14“. Und Sozialarbeiterin Gabriele Heidemann vom „MaDonna-Mädchentreff“ fügt hinzu: „Sie ist in die Familien gegangen. Welche Richterin macht das denn heute schon?“
Auch über die Stadtgrenzen hinaus hat Kirsten Heisig auf den Stadtteil aufmerksam gemacht: Sie gilt als Begründerin des sogenannten „Neuköllner Modells“. Als Jugendrichterin setzte sie sich dafür ein, jugendliche Straftäter schneller zur Rechenschaft zu ziehen und zu verurteilen. Vor fast sechs Jahren verstarb die damals 49-Jährige.
Empathie zeigen, Grenzen setzen
Mit dem Platz wolle man ihr Engagement nun würdigen, erklärt Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey. „Sie hat ein Zeichen für Neukölln gesetzt und auch Gegenwind ausgehalten.“ Justizsenator Thomas Heilmann betont, dass Heisig für eine bessere Kommunikation mit den Jugendlichen gesorgt habe. Aus dem „Neuköllner Modell“ sei auch die Idee des „Staatsanwaltes für den Ort“ entstanden. Dabei handelt es sich um Staatsanwälte, die sich ausschließlich um jugendliche Straftäter aus dem Bezirk kümmern. „Die Jugendgewalt in Berlin geht zurück. Das ist auf Heisig zurückzuführen“, sagt Heilmann.
Ihre Arbeit bloß würdigen – das geht Heinz Buschkowsky aber nicht weit genug. Die Entwicklung im Bezirk hält er für nicht so rosig wie von Heilmann beschrieben. „Der Motor stottert. Wir brauchen eine Revitalisierung des Neuköllner Modells.“ Buschkowsky fordert: Empathie zeigen, aber auch Grenzen setzen und mit Strenge gegen Straftaten vorgehen. „Wir brauchen Nachfolger für die Aufgabe.“ Statt eines Staatsanwaltes für den Ort wünscht er sich einen vor Ort. Jemanden mit Büro im Bezirk. „Auch wenn das für manche unangenehmer ist.“ Auch Sozialarbeiterin Gabriele Heidemann befürwortet diese Idee. „Sobald wir ein bisschen locker lassen, kehrt die Kriminalität zurück. Die Jugendlichen müssen sehen, dass was passiert.“
Julia Bernewasser